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Gärtners kritisches Pfingstsonntagsfrühstück: Heim ins Reich

Jetzt ist die neue Zentrale des Bundesnachrichtendiensts endlich fertig, und da freue ich mich natürlich, daß hier die sog. Berliner Republik, dieser locus amoenus aus Leichtigkeit, Buntheit und Grazie, so schön ins Sinnbild gefunden hat. „Ein Monster von Symmetrie und Strenge, schier endlos in seiner Gleichförmigkeit“, fand die Süddeutsche, „ein gewaltiger Bau, der mit Waben eines Überwachungsbienenstaats mehr gemeinsam hat, als der Normalsterbliche erträumen würde“, staunte die Frankfurter Allgemeine, und auch der lokale Tagesspiegel jammerte: „Es ist schon ein Jammer, daß die beiden fabelhaften monumentalen Innenhöfe der Öffentlichkeit niemals zugänglich sein werden.“

Das aber waren das Reichssicherheitshauptamt und die Neue Reichskanzlei auch nicht, wie es sein mag, daß eben dieser scheinbare Widerspruch aus Riesengröße und Abwesenheit genau das illustriert, was er illustrieren soll: die Macht. Und mochten Zeitgenossen mit einer Ader für politische Metaphorik quengeln, ein Geheimdienst dürfe sich nicht im geographischen Abseits befinden, denn gerade ein Geheimdienst gehöre doch vor unser aller Augen: jetzt haben sie ihn, als Klotz inmitten ihrer geliebten Hauptstadt, eine Zentrale in der Zentrale, und darin dann freilich noch mal eine: „Exakt in der Mitte des symmetrischen Ensembles“, applaudierte der Tagesspiegel, habe der Präsident sein Büro, „die Residenz eines Sonnenkönigs. Dazu eine Raustrete mit Blick auf die Panke – vielleicht muß man in solch verantwortungsvollem Amt bisweilen zur Zigarette greifen.“ Ganz unbeobachtet auf der Raustrete (auch noch nicht gehört).

„Nicht gesucht hat den Platz, wen er findet.“ Kracauer, 1926

„Sockel und Erdgeschoß sind wiederum mit feinem Zwiefaltener Travertin verkleidet. Der Sockel selbst ist nach Art eines flachen Reliefs durchgebildet“ (ebd.) – daß die Bonner Republik, die im vielzitierten Kanzlerbungalow ihr Sinnbild sehen wollte, so licht und artig gar nicht war, ist ja richtig; aber immerhin gab es doch, und sei’s auch nur unter den Intellektuellen, die Sehnsucht nach einem Selbstverständnis, das ein anderes sein sollte als das, das die Welt zu fürchten gelernt hatte. Das neue Selbstverständnis scheint jetzt eines zu sein, das seiner demokratisch-transparenten Pflicht Genüge zu tun glaubt, indem es vom Bauhaus den rechten Winkel nimmt. Der Rest ist Größe, Kälte, Symmetrie: Imperium. „Kaum ein Ministerium, das nicht dem Dogma des rechten Winkels huldigt … Es wird gerastert, was Stein, Stahl und Beton hergeben. So als würde sich nur dadurch politische Bedeutung symbolisieren lassen“ (SZ). Aber diese Bedeutung gibt es ja, die Kollegin sieht es selbst: „Spätestens im 30 Meter hohen Atrium schrumpft jeder zu einem winzigen Rechteck. In dieser aseptischen Ruhmeshalle fügt sich jede Linie, jede Lampe, jede Fliese, jedes Oberlicht ins Raster.“

Die reine Gewalt, „Quadrat ohne Erbarmen“ (Siegfried Kracauer): nun sitzt sie mitten im Land. In einem Land, in dem, von der „frühkindlichen Bildung“ an und über Bologna hinaus, alles ins Raster muß und wo sie alle diese gerasterte Sprache sprechen, von der hier immer wieder die Rede ist, und das Frauen, in einer Mischung aus Phrasentaubheit, Nazideutsch und Herablassung, deshalb fortwährend Mädel nennt („... und [Julia] Roberts ist darin [im Film ,Money Monster’] das Mädel, das am Ende die Verantwortung trägt“, SZ, 13.5.). Ein Land, in dem das größte öffentliche (und freilich: nichtöffentliche) Gebäude jetzt der Geheimdienst ist: beim nächsten Stasi-Film denken wir dran.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

Kurz hattet Ihr uns, liebe Lobos,

als Ihr eine Folge Eures Pärchenpodcasts »Feel the News« mit »Das Geld reicht nicht!« betiteltet. Da fragten wir uns, was Ihr wohl noch haben wollt: mehr Talkshowauftritte? Eine Homestory in der InTouch? Doch dann hörten wir die ersten zwei Minuten und erfuhren, dass es ausnahmsweise nicht um Euch ging. Ganz im Sinne Eures Formats wolltet Ihr erfühlen, wie es ist, Geldsorgen zu haben, und über diese Gefühle dann diskutieren. Im Disclaimer hieß es dann noch, dass Ihr ganz bewusst über ein Thema sprechen wolltet, das Euch nicht selbst betrifft, um dem eine Bühne zu bieten.

Ihr als Besserverdienerpärchen mit Loft in Prenzlauer Berg könnt ja auch viel neutraler und besser beurteilen, ob diese Armutsängste der jammernden Low Performer wirklich angebracht sind. Leider haben wir dann nicht mehr mitbekommen, ob unser Gefühl, Geldnöte zu haben, berechtigt ist, da wir gleichzeitig Regungen der Wohlstandsverwahrlosung und Realitätsflucht wahrnahmen, die wir nur durch das Abschalten Eures Podcasts loswerden konnten.

Beweint deshalb munter weiter den eigenen Kontostand: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt