Fabian Lichters Economy Class
Inside Innenstadt
Die deutschen Innenstädte, sie sterben vor sich hin, man hört es allenthalben, gemeint ist vor allem die klassische Einkaufsstraße. Wer hätte es auch ahnen können? Ratlosigkeit und Trauer machen sich breit. Das Ladensterben, es macht Tabula Rasa mit unseren Einkaufsmeilen. Hilflos schaut man dem Treiben zu. Erst Schlecker, jetzt auch noch Kaufhof – wie konnte es nur so weit kommen? Entgegen allen Einschätzungen hat sich das Internet in den letzten Jahrzehnten also doch durchgesetzt und die Menschen nutzen die Zeit, die ihnen zwischen ihren Jobs noch bleibt, nicht mehr vorrangig damit, Streifzüge durch marode Kaufhäuser zu unternehmen. Schon sind andere angetreten, das Kaufhaus nostalgisch zu verklären, auch wenn sie selbst wohl seit Jahren keines mehr betreten haben dürften. Am nicht enden wollenden Gerede über die Problemzone Innenstadt zeigt sich die Banalität herrschender Verhältnisse. Eine „lebendige Innenstadt“ scheint vielen schlicht undenkbar zu sein ohne Einkaufsbummler und eben auch ohne das Auto. Hauptargument gegen verkehrsberuhigte Zonen, die einen Aufenthalt oft erst möglich machen, ist regelmäßig die Behauptung, man fördere damit das Ladensterben. Derweil scheint der Pop-Up-Store dank steigender Quadratmeterpreise bald schon das einzig denkbare Modell für den Einzelhandel zu sein. Doch die zur Verfügung stehenden Kausalketten, sie sind nun einmal vorgegeben und scheinen unhinterfragbar. Zum Szenario immer neuer und größerer Parkplätze sowie zu den längst unrentabel gewordenen Kaufhäusern scheint es schlicht keine vorstellbare Alternative als die der Verwahrlosung zu geben. Der Markt regelt die Innenstädte ab, was bleibt einem da noch übrig? Das Internet verfluchen und Zwangseinkäufe verordnen? In der Innenstadt wird sichtbar, wie unsentimental das Kapital sich seine Wege sucht. Märkte kommen, Märkte gehen und die Innenstadt als noch physisch erfahrbarer Marktplatz hat dabei mehr und mehr ausgedient. Ersetzt wurde sie durch praktikablere Formen des Handels. Da braucht man dann auch nicht dreinschauen wie eine Parkuhr.
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