Fabian Lichters Economy Class
Mief und Mode
Wahr ist wohl, dass diejenigen, die heute lautstark um die Freiheit des Denkens und ihrer Sprache fürchten, oft doch nicht mehr verteidigen als ihr Recht auf Rücksichtslosigkeit. Wahr ist aber sicher auch, dass der längst bürokratische Aktivismus um die Begriffe, die er als solche ohnehin nicht wahrnimmt, oft nichts als gespiegelte Rücksichtslosigkeit ist.
Wer möchte, dass es fortan Femizid statt Ehrenmord heißt, setzt sich nun mal für eine Sprache ein, die verschleiert, dabei von Vertuschung anderer Morde zu sprechen, ein schon sehr gewagtes Unterfangen. Wortschöpfungen wie das schon gar nicht mehr so neue "verhaltensoriginell", jüngst wieder dreist in der Taz, werden auch in zehn Jahren nichts von ihrem naiv-bösen Sozialarbeitermief verloren haben.
Ausgegrenzt wird eben immer noch zuvorderst in der materiellen Welt, und dass in dieser jegliche Auffälligkeit, sofern nicht gerade zufällig verwertbar, unerwünscht ist, wird damit nur noch einmal unterstrichen. So gesehen haut es dann auch fast schon wieder hin mit der These der sprachlichen Reproduktion von Wirklichkeit. Es bleibt eben kompliziert.
Aber wer ernsthaft meint, es sei ein verallgemeinerbares Konzept, auf Kontext oder Intention hinter dem Gehörten bzw. Gelesenen zu verzichten – was, bitteschön, im Einzelfall seine Berechtigung haben mag –, macht sich und andere dumm und kommt sich dabei noch schlau vor. So schlau, dass er schließlich selbst mit dem Kulturverständnis eines Taliban-Esels wüten kann, wenn das freiwillig zerstückelte Instrumentarium zur Welterfassung etwa mit einem einfachen Nonsens-Wortspiel nicht mehr zurechtkommt.
"Taliban nehmen Ibuprofen ein", scherzte man unlängst auf dieser Seite, und es wurde zum x-ten Mal deutlich, dass die in Kommentarspalten und Replys gerne getätigte Phrase "Ich verstehe den Witz, aber …" doch zuverlässig gelogen ist und bisweilen manche mindestens verhaltensauffällige Phantasie nach sich zieht. Wie schön, gäbe es dagegen etwas von Ratiopharm.
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