Ein Penis wie eine Axt – Rezension zu Thomas Glavinics neuestem Gemächtwerk
Es wird ein großer Penisfrühling, soviel läßt sich nach einem ersten Blick durch die Hosentüren bereits sagen. Da ist z.B. Christian Kracht mit einem ganz schnörkellosen, beinahe jugendlichen Glied. Da ist Martin Walser mit einem furiosen, federleichten Alterspimmel. Doch sie alle werden überragt vom neuen Glavinic, einem Prachtriemen, wie man ihn vielleicht alle drei Jahre einmal vors Gesicht bekommt. Es ist nicht nur Thomas Glavinics bislang bestes Stück, es ist auch sein dickstes. Vergessen sind die Erektionsschwächen des bisherigen Œuvres, die oftmals quälend langen Hängepartien ohne jede Handlung geschweige denn Spannung. Glavinic ist 2017 gut aufgestellt und tritt mit entsprechend steilem Selbstbewußtsein der Öffentlichkeit entgegen. Beinahe könnte man meinen, er ließe gar zu offensiv den harten Burschen heraushängen und schicke unverlangt fremden Frauen Bilder davon. Doch wer wollte ihm solche Freuden angesichts seines neuesten Genieschweifes schon verdenken? Dabei wäre, so kurios es klingen mag, das Herauskommen des Männlichkeitswunders beinahe in die Hose gegangen. Mehrere österreichische Landsleute wie die namhafte Schriftstellerin Stefanie Sargnagel oder der ehemalige "Eulenspiegel"-Redakteur Malte Ziegelwanger lehnten die Publikation teils aus ethisch-ästhetischen Erwägungen (Sargnagel), teils aus technischer Unfähigkeit (Zielwagner) heraus ab. So war schließlich ein Leak Geburtshelfer dieses saftrotzenden Pints – manch einer behauptet gar, der Besitzer habe unter Pseudonym sein Rohr selbst verlegt.
Nun aber in medias Penis! Glavinics Knüppel mutet auf den ersten Blick durchaus konventionell an. Die Verläufe der wulstigen Adern wirken natürlich, die fette Spitze scheint vor Druck beinahe zu platzen. Bei näherem Hinschauen erweist sich der Zipfel aber als durch und durch postmodernes Konstrukt. Was sich äußerlich als Virilität geriert, stellt unter der Oberfläche Geschlechterstereotype radikal in Frage. Die pralle Größe dieser dreifach geölten Superspritzmaschine zeigt nur um so dringlicher den nahenden Moment der Schwäche und des Verfalls – fast meint man, den scheinbar so harten Phallus bereits abfaulen zu sehen. Es ist dieses Wichsierbild aus stolz hergezeigter Männergurke und fragiler Bubenseele, mit der Thomas „Mütze“ Glatzvinic den Betrachter am Bändchen führt. Von Beginn an fühlt man sich gepackt, regelrecht penetriert unter dem Eindruck der pulsierenden Samenpumpe, die sein Besitzer ganz zu Recht als etwas Besonderes empfindet. Das Glavi-Glied gehört wahrscheinlich zu den zehn interessantesten Pillermännern weltweit. Es ist wirklich eine österreichische Sehenswürdigkeit, wie das Land sie kein zweites Mal zu bieten hat, ein Protzprügel auf dem Höhepunkt seiner Zeigelust! Dieser Penis ist ein großes Glück. Denn wenn der Literat Glavinic sich aufs Dödel-Metier versteift, bleiben wir wenigstens von seinen sprachlichen Ergüssen verschont.
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