Dax Werners Debattenrückspiegel KW6
Liebe Leser_innen,
vielleicht habt ihr es ja mitbekommen: Eventuell ist bald wieder Krieg in Europa. Jedenfalls konnte man am Wochenende im Internet Nachrichten lesen, wonach eine russische Invasion der Ukraine nächste Woche Mittwoch am 16. Februar zu erwarten sei. Die genaue Uhrzeit des Angriffs wurde leider noch nicht verlautbart und laut Spiegel war auch auf die Frage, worauf "die scharfe US-Warnung fußt, in Berlin zunächst nichts zu erfahren. Allerdings hieß es, die US-Darstellungen seien sehr detailliert gewesen und mit vielen Quellen untermauert worden". Eine beruhigende Datenlage, mit der wir schon in der Vergangenheit stets gute Erfahrungen gemacht haben – würde Volker Pispers jetzt vermutlich schreiben! Er fehlt.
Gar nicht ruhig hingegen präsentiert sich die dahingehende Debatten-Lage derzeit in Deutschland. Während SPD-Urgestein Ralf Stegner nach seinem allmorgendlichen Musiktipp (Stefan Waggershausen - Leider nur Liebe) gestern Vormittag um 10 nach 11 die internationalen Wogen in der ihm typischen Lakonie zu glätten versuchte ("Olympiade und deutsche Erfolge in Peking laufen fast unter dem Radar der anderen Ereignisse.") und nur Sekunden später eine plötzlich völlig andere Baustelle beackerte ("Der HSV muss heute gegen das starke Team aus Heidenheim antreten. #nurderHSV"), hatte der Diskurs am Nachmittag schon eine ganz neue Ausfahrt genommen, der Internet-Star El Hotzo meldete nämlich über seinen Twitter-Account: "Nicht böse gemeint, aber ich werde ganz bestimmt nicht für die fucking NATO sterben." Gemütlich in die Couch mümmeln, Gag um Gag ins Internet jagen und sich so feige vor dem Tod auf dem Feld für den Nordatlantikpakt drücken? Geht gar nicht imho. Dachte sich auch Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), die ohnehin noch eine Rechnung mit Hotzo offen hatte, und erwiderte: "Er hat bei mir ja leider El Blocko gemacht, aber die NATO wird alles dafür tun, damit auch eher stumpfe Tweets weiter in Frieden und Freiheit rausgehauen werden können." Volltreffer. Es reicht eben nicht mehr nur, sich lediglich zum größten Militärbündnis der Welt zu bekennen: Für uns Millennials ist es nun Zeit, auch mal den Kopf hinzuhalten. Damit unsere Kinder einmal in einer friedlicheren Welt twittern können.
Und ein weiterer Beleg dafür, dass die Zeiten der Scheckbuchdiplomatie endgültig passé sind. Das letzte Land, das eine Invasion von irregulären Streitkräften in Fantasie-Uniformen mit einer dicken Überweisung abwenden kann, ist Nordrhein-Westfalen: Hier hat die Landesregierung den Karnevalsvereinen nämlich 50 Millionen Euro "Entschädigung" versprochen, um eine Besetzung Ende Februar zu verhindern. Was in der alten Bonner Republik noch funktioniert, ist für die geopolitische Bühne jedoch kein probates Mittel mehr, hier müssen neue, kreative Lösungen her. Eine solche würde ich gerne in den Raum stellen: Was wäre denn, wenn der US-Präsident Joe Biden endlich aus dem Winterschlaf erwacht und das Putin-Problem ein für alle mal löst? Beispielsweise, in dem er "versehentlich" eine Drohne nach Moskau lenkt? Ein zugegebenermaßen very bold move, der sich im Anschluss jedoch sehr leicht mit einer menschelnden Anekdote framen lassen könnte: Sleepy Joe, so würde ichs verlautbaren lassen, ist ganz einfach mal wieder im situation room auf dem Joystick eingeschlafen. Kann doch passieren, Schwamm drüber.
Still tries to think outside the box: Euer Dax Werner
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