Dax Werners Debattenrückspiegel KW3
Liebe Leser_innen,
die Nachricht überschattete das ansonsten recht vergnügliche Winterwochenende der rotgrüngelben Republik: Kay-Achim Heino Schönbach, noch vor ein paar Stunden Vizeadmiral der Deutsche Marine der Bundeswehr, hat ein "A" und ein "D" gekauft. Eine im politischen Berlin geflügelt gewordene Formulierung, mit der gemeint ist, dass ein key player im Staatsdienst seiner Entlassung zuvor kommt, denn "a. D.", diese Abkürzung steht für "außer Dienst". Regelmäßige Leser_innen dieser Kolumne wissen: So heißt auch die 2008 erschienene Biografie von Helmut Schmidt. Schon zwei, die fehlen.
Was war passiert? Bei einem zwanglosen Get-Together in Delhi hatte Schönbach seinen Gedanken freien Lauf gelassen, sinnierte, dass Russland die Ukraine angreifen werde, sei "Nonsens" und dass Putin sich nicht mehr wünsche als "Respekt auf Augenhöhe"; anschließend bezeichnete er sich selbst als "sehr radikalen römisch-katholischen Christen". Alles in allem also etwas, dass sich so oder so ähnlich vermutlich tagtäglich dort abspielt, wo zwei oder drei im Namen der Bundeswehr zusammenkommen. Diesmal lief jedoch eine Kamera mit: Das knapp anderthalbstündige Video zeigt sechs Anzugmenschen aus leicht untersichtiger Perspektive, die Stimmung ist locker bis leicht schwitzig, dem Sprechtempo der Runde nach zu urteilen ist vermutlich schon die ein oder andere Runde Fiete’s Möwenschiss oder Erich’s Rache kredenzt worden. Gehört so ein privates Partykeller-Video überhaupt ins Internet? Eine komplizierte ethisch-juristische Frage, auf die ich jedoch keinerlei Lust habe, näher einzugehen.
Schönbach ist nicht der erste, der über einen Mitschnitt seiner Privatmeinung aus dem Amt fliegt. Schon der unvergessene Horst Köhler beendete seinen Einsatz als Bundespräsident nach waghalsigen geopolitischen Ausführungen während eines Rückflugs aus Afghanistan. Im Gegensatz zur Causa Köhler wissen wir, die breite Bevölkerung, jedoch erstaunlich wenig darüber, was Vize-Admiräle eigentlich so treiben, wenn sie sich nicht gerade fernab der Heimat ein paar norddeutsche Kultschnäpse hinter die Binde kippen. Auch den Leitmedien blieb nichts weiter übrig, als Schönbachs Einsatzgebiet von der Bundeswehr- Homepage zu copypasten: "'Im Bundesministerium der Verteidigung und in multinationalen militärischen Gremien vertritt er die maritime Perspektive der Bundeswehr', heißt es auf der Internetseite der Bundeswehr", heißt es beim Spiegel.
TITANIC-Leser_innen wissen wie immer mehr: Der adrette 2-Meter-Mann Schönbach wirkte in seiner Laufbahn auf hoher See – sofern es sein Terminkalender zuließ – in über 300 Spielfilmen mit maritimen Thema mit, darunter "Haialarm auf Mallorca" (als Hai), "Fluch der Karibik 1 bis 3" (Stiefelriemen Bill), und "Das Boot" (Dieselheizer Schwalle), probierte sich jedoch auch eine Weile als Drehbuchautor und Regisseur ("Tschiller: Off Duty") und ist zusätzlich in einigen TKKG-Hörspielen als Bandenchef Peter Carsten zu hören, den jedoch alle nur Tim nannten. Vizeadmiral a. D. Kay-Achim Heino Schönbach: Ein Schauspielerleben unter dem Radar.
Rührt sich: Dax Werner
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