Newsticker

Nur diese Kategorie anzeigen:Dax Werners Debattenrückspiegel Eintrag teilenEintrag per Email versenden Mit Facebook-Freunden teilen Twittern mit Google+ teilen

Dax Werners Debattenrückspiegel KW11

Liebe Leser_innen,

neulich hatte ich es dann auch. Ihr wisst schon, Corinna, den Kultschnupfen aus Wuhan. Die 10 Tage Isolation habe ich bis auf leichte Erkältungssymptome und ein digitales Mini-Abo der FAZ, das ich für fiebrige 14,90 € abgeschlossen habe, unbeschadet überstanden. Und weil mir das Gesundheitsamt auch 4 Wochen nach dem Positiv-Test noch keinen Brief geschickt hat und mir auch sonst der Lesestoff ausgeht, habe ich unter der Woche den Grundsatztext "Das Gewissen macht Feige aus uns" von Simon Strauß aus dem FAZ-Feuilleton studiert. Eine alarmierende Lektüre.

Das Human Resource Management kennt die Methode des "Feedback Sandwich", also negative Kritik in lobende Worte zu verpacken. In diesem Sinne möchte ich Simon Strauß dafür loben, dass er in seinem Text zumindest nicht (wie schon einige vor ihm) versucht, die gendergerechte Schreibweise für den Krieg in der Ukraine verantwortlich zu machen. Mehr noch: Fast gnädig verzeiht Strauß sowohl den "Schneeflöckchen" als auch den "Koalitionären" (?), Putins Angriffskrieg nicht vorausgeahnt zu haben. Stellvertretend für alle Angesprochenen sage ich: Danke. Ein paar Zeilen später geht’s jedoch schon ans Eingemachte: "Darüber hinaus eignet sich der Einsatz für ukrainische Flüchtlinge nicht in gleicher Weise wie 2015 als Ausweis moralpolitischer Fortschrittlichkeit, denn es gibt ja gerade glücklicherweise quasi keine Fremdenfeindlichkeit, von der man sich absetzen müsste." Dieser Absatz ist für mich Anlass, über die Art und Weise, wie wir auch künftig miteinander Debatten führen wollen, neu nachzudenken. Der verbitterte Gestus, in dem Simon Strauß selbst ehrenamtlichen Helfer_innen, die jetzt gerade Flüchtende aus der Ukraine versorgen, zwischen den Zeilen egoistische Motive unterstellt ("Ausweis moralpolitischer Fortschrittlichkeit") macht mich - ich will offen sein - betroffen. Und schwächt gleichzeitig Strauss' behutsame Argumentationskette, denn dass es im Zusammenhang mit den Flüchtenden aus der Ukraine sehr wohl zu rassistischen Vorfällen gekommen ist (zum Beispiel an den Grenzübergängen in Osteuropa) übersieht Strauß in seiner emotionalisierten Wutrede.

Dann wechselt der Ton fast ins Bedauern: "Die Generation der deutschen Nachwendekinder, die durch das Aussetzen der Wehrpflicht ihr Studium ein Jahr früher beginnen konnten, hatte mit Krieg bislang nichts zu tun" Abgesehen davon, dass wer in dieser Logik nach 1989 nach Deutschland gekommen ist entweder keinen Krieg erlebt haben kann oder offenbar einfach nicht dazu gehört, stellt sich die Frage, welches geheime Kriegswissen die von Strauß so detailreich ausgedachte Generation nun gehabt hätte, wenn noch ein paar Jahrgänge mehr den sechsmonatigen Grundwehrdienst bei Dosenbier verbracht hätten.

Vielleicht hätte Strauß bei seiner Generationenanalyse eine Prise Richard David Precht gut getan, der vor ein paar Tagen ungefragt erklärte: "Ich schaue maximal mitfühlend und maximal kühl auf den Krieg". Doch statt die Sache kühl zu analysieren wie Deutschlands größter Philosoph lässt sich Strauß zu immer abenteuerlicheren Aussagen hinreißen: "Auch das Wort 'Volk' – gerade noch bis in die höchste Regierungsebene hinein vermieden – wird jetzt von jedem Millennial wie selbstverständlich verwendet." Ich bin selbst Millennial und ich kenne exakt immer noch niemanden, der dieses Wort selbstverständlich verwendet.

Ich gebe es ja zu: Als Millennial hat man es nicht einfach. Die Gen Z tanzt uns via TiKTok auf der Nase herum, das mit dem eigenen Haus wird voraussichtlich ziemlich eng, die Arbeitsverhältnisse sind oft prekär und ständig wird von dir erwartet, dass du zu alles und jedem eine klare Meinung formulieren kannst. Und dann noch dieses ständige Angstbauchweh. In diesem Sinne entpuppt sich Simon Strauß, 1988 geboren, in seiner verkürzenden, emotionalen und in weiten Teilen ausgedachten FAZ-Analyse über die Millennial-Generation vermutlich als der größte Millennial überhaupt.

Es ist okay, Simon. Es ist nicht deine Schuld.

Dein: Dax Werner




Eintrag versenden Newstickereintrag versenden…
Felder mit einem * müssen ausgefüllt werden.

optionale Mitteilung an den Empfänger:

E-Mail-Adresse des Absenders*:

E-Mail-Adresse des Empfängers*
(mehrere Adressen durch Semikolon trennen, max. 10):

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Wow, Instagram-Kanal der »ZDF«-Mediathek!

In Deinem gepfefferten Beitrag »5 spicy Fakten über Kim Kardashian« erfahren wir zum Beispiel: »Die 43-Jährige verdient Schätzungen zufolge: Pro Tag über 190 300 US-Dollar« oder »Die 40-Jährige trinkt kaum Alkohol und nimmt keine Drogen«.

Weitergelesen haben wir dann nicht mehr, da wir uns die restlichen Beiträge selbst ausmalen wollten: »Die 35-Jährige wohnt nicht zur Miete, sondern besitzt ein Eigenheim«, »Die 20-Jährige verzichtet bewusst auf Gluten, Laktose und Pfälzer Saumagen« und »Die 3-Jährige nimmt Schätzungen zufolge gerne das Hollandrad, um von der Gartenterrasse zum Poolhaus zu gelangen«.

Stimmt so?

Fragen Dich Deine Low-Society-Reporter/innen von Titanic

 Ach, Taube,

Ach, Taube,

die Du in Indien wegen chinesischer Schriftzeichen auf Deinen Flügeln acht Monate in Polizeigewahrsam verbracht hast: Deine Geschichte ging um die Welt und führte uns vor Augen, wozu die indische Fashion-Polizei fähig ist. Aufgrund Deiner doch sehr klischeehaften Modetattoos (chinesische Schriftzeichen, Flügel) fragen wir uns aber, ob Du das nicht alles inszeniert hast, damit Du nun ganz authentisch eine Träne unter dem Auge oder ein Spinnennetz auf Deinem Ellenbogen (?) tragen kannst!

Hat Dein Motiv durchschaut: Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg