Dax Werners Debattenrückspiegel KW 31
Liebe Leser:innen,
da bin ich letzten Sonntag fast vom Hocker gefallen: In der Halbzeitpause des EM-Finals hüpfte doch tatsächlich Bundeskanzler Olaf Scholz vors ARD-Mikro und analysierte die erste Halbzeit des Spiels Deutschland gegen England in gewohnt vager Manier. Das prominente Halbzeitinterview wird in der Regel relativ kurzfristig besetzt, oftmals mit Promis, bei denen es gerade vielleicht nicht ganz so gut läuft oder die zufällig in der Nähe der Kamera herumlungern. Doch das Interview mit Scholz reiht sich ein in eine ganze Serie merkwürdiger Kanzler-Momente.
So besuchte er unter der Woche sehr zur Überraschung von uns politischen Beobachtern eine Gas-Turbine bei Siemens in Mülheim an der Ruhr. Das erinnerte mich wiederum daran, wie ich als Dreikäsehoch staunend den großen Passagierflugzeugen in Köln-Bonn von der Besucherplattform nachschwelgte. Wo sie wohl hinfliegen würden? Ein schöner Zeitvertreib für technikbegeisterte Kids am Sonntagnachmittag - aber mitten unter der Woche als Kanzler? Auch aus dem im Anschluss kolportierten Scholz-Statement wurde niemand wirklich schlau: "Es ist gewissermaßen klar und einfach", so der Kanzler. "Die Turbine ist da, sie kann geliefert werden. Es muss nur jemand sagen, ich möchte sie haben, dann ist sie ganz schnell da."
"Klar" und "einfach" sind Beschreibungen, deren Bedeutungen schon im Kontext einer eBay-Kleinanzeige schnell verschwimmen können: Wer holt das feilgebotene Produkt wann wo zu welchem Preis ab? Eigentlich wird genau andersherum ein Schuh daraus: Bei Kanzler Olaf Scholz und der Sache mit dieser Turbine ist so gut wie nichts klar. Stattdessen legte er auf Instagram mit einer geheimnisvollen Botschaft nach: "Ich bin dankbar, die Turbine heute bei @siemens mit eigenen Augen gesehen zu haben." Wie bitte? Was besucht der Kanzler denn als Nächstes: Ausgemusterte Rotorblätter in einem Windpark in Schleswig-Holstein ("Danke für den Riesenjob!") oder einen Stapel Reifen in Stuttgart ("Ob Winter- oder Sommerreifen: Sie alle tun pflichtbewusst ihren Dienst fürs Vaterland.")?
Wenn offenbar eh schon alles egal ist, würde ich ihn als NRWler gern noch mal in der WDR-Nachmittagssendung Hier und Heute mit ein paar schönen Bastelideen im Gepäck erleben - oder mit einer raffinierten Pasta samt hanseatischer Nachspeise bei Kochen mit Martina und Moritz.
Wünscht euch ein bärenstarkes Rest-Wochenende: Dax Werner
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