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Dax Werners Debattenrückspiegel: KW 1

Liebe Leser_innen,

abgefahren: Die erste "richtige" KW des Jahres 2021 hatte es mal wieder ordentlich in sich. Erst die Konferenz am Dienstag zwischen Bund und Ländern, von der vor allen Dingen die Erfindung des wordings "Coronaleine" durch die Bild und die anschließende Nobilitierung eben dieses wordings in der Tagesschau durch Tina Hassel hängen bleiben wird - in normalen Zeiten reicht allein die Causa Merkelleine für drei bis vier Kolumnen. Und dann am Donnerstag gönnte uns das neue Jahr schon das erste Jahrhundertereignis für diesen Monat: Die Stürmung des Kapitols durch "Demonstranten" (O-Ton ARD Morgenmagazin, dazu später mehr), die politisch mutmaßlich eher dem Trump-Lager zuzuordnen sind. Statt des Ereignisses selber interessiert mich naturgemäß natürlich nur, wie die Bilder aus Washington, D.C. Widerhall fanden im Debattengewitter hierzulande. Dabei fielen mir verschiedene Dinge auf: Erstens: How did we get here? Selbst dieser historische Moment, in dem "das demokratische Projekt" des Westens offenbar endgültig baden geht, verkommt für Berufs-Internetkasper wie mich oder Mario Sixtus lediglich zum Stichwortgeber für den nächsten Powertweet. Einerseits natürlich eine traurige Entwicklung, andererseits geht es im harten Internetgeschäft heute mehr denn je um die Pflege der eigenen Marke. In Zeiten, in denen sich Menschen, die mit Schwarz-Weiß-Fernseher und zwei Programmen aufgewachsen sind, mit Satireangeboten im Internet selbstständig machen, ist der Konkurrenzdruck so hoch wie nie. Und wenn an so einem Tag die Favs für politisch eher links Verortete mehr oder weniger auf der Straße liegen, gilt dieselbe Maxime wie damals in der Kreisliga, nämlich den einfachen Pass zu spielen: "Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. In keinem Land der Welt." 700 Favs, 50 Retweets. Wer vor Schichtende keinen bundespräsidialen no-brainer zum Platin-Tweet veredelt, klebt followertechnisch nicht ohne Grund seit mehr als 12 Monaten im dreistelligen Bereich und sollte vielleicht doch noch mal überlegen, das seit sechs Jahren brachliegende Studium doch noch zu beenden und den geraden Weg zu gehen.

Ich für meinen Teil vergleiche diese globalen Events, die plötzlich über uns hereinbrechen, gerne mit einem Regenschauer bei einem Formel 1-Rennen, den niemand bis dahin auf dem Wetterradar hatte und der in der Folge das gesamte Klassement durcheinanderwürfeln kann. Wer hier nicht blitzschnell reagiert, verliert schnell den Anschluss. So gesehen bei Florian Schröder, der den Nachmittag wohl im Podcast-Studio im Keller verbrachte und nach Feierabend – wie so viele – plötzlich von der "Lage" überrascht wurde. Sein Tweet "Traum: Ein Impfstoff gegen den grassierenden Trumpismus." wirkt wie der Versuch, trotz tödlicher Verspätung noch mal in die Debatte zu finden. Irgendwie. Diskurs-Brechstange.

Spätere Generationen werden uns einmal fragen: Wo warst du, als der nackte Mann mit Wikingerhelm im Kapitol die Wahlunterlagen einsammelte? Meine Antwort wird leider lauten: Auf der Internetseite eines im Grunde nur mäßig profitablen US-Internetkonzerns, auf der jedoch gleichzeitig, mein Sohn, in den Monaten und Jahren der Pandemie sich etwas breit machte, was man den "Zauber digitaler Intimität" zu nennen ich mich nicht schäme. Man rückt näher zusammen, tauscht sich über sich und seine Gefühle, Ängste (nur echt im Plural), aber auch Hoffnungen aus. Ein lieber Freund schrieb mir in den Stunden der Erstürmung des Kapitols: "Auch irre: Irgendwo in Köln klingelt gleich ein Wecker und Sven Lorig macht sich auf den Weg ins WDR-Studio, um das Ganze einzuordnen."

Der Wecker klingelte rechtzeitig. Die allgemeine Weltuntergangsstimmung konterkarierte Lorig dann in der Schalte nach Washington mit seiner stärksten Waffe: Seiner rheinischen Gelassenheit. "Jan Philipp Burgard, guten Morgen, schönen guten Abend. Wie ist denn die Geisterstunden-Stimmung in Washington?" Burgard nahm den Pass dankend mit dem Innenrist an: "Ja es ist tatsächlich ein bisschen Geisterstunden-Stimmung, wir wissen nämlich, dass inzwischen vier Menschen bei den Protesten ums Leben gekommen sind." Wann immer auf der Welt etwas passiert, für das man sich noch auf keinen einheitlichen Begriff einigen konnte und für das darum mehrere Bezeichnungen kursieren, kann man die Frühaufsteher-Uhr danach stellen, dass sich das Morgenmagazin für die "unglücklichere" Variante entscheidet - und nennt den Putschversuch konsequent "Proteste" und "Auschreitungen". Aber let’s keep it fair, zumindest mit der Schnell-Analyse aus dem Studio Washington traf Burgard dann ins Schwarze: "Aber die interessante Sache ist sozusagen, dass die Demonstranten mit ihrem Angriff auf die amerikanische Demokratie im Grunde das Gegenteil bewirkt haben, von dem, was sie wollten. Denn viele republikanische Senatoren und Abgeordnete haben ihren Widerstand gebrochen und verzögern das Verfahren jetzt nicht so, wie sie es ursprünglich vorhatten. [...] Am Ende dieses denkwürdigen und turbulenten Tages scheint sich die amerikanische Demokratie als wehrhaft zu erweisen." Nach so viel hoffnungsvollen Nachrichten aus dem Land jenseits des Atlantiks hatte ich dann auch wieder den Kopf frei für die Sportrubrik mit Peter Großmann: In der Basketball-Bundesliga gewann nämlich Bamberg gegen Ulm im Nachholspiel mit 74:67.

Euch noch einen sportlichen Sonntag und demokratische Grüße,

Dax Werner




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Victoria Beckham,

Sie, Victoria Beckham,

behaupteten in der Netflix-Doku »Beckham«, Sie seien »working class« aufgewachsen. Auf die Frage Ihres Ehemanns, mit welchem Auto Sie zur Schule gefahren worden seien, gaben Sie nach einigem Herumdrucksen zu, es habe sich um einen Rolls-Royce gehandelt. Nun verkaufen Sie T-Shirts mit dem Aufdruck »My Dad had a Rolls-Royce« für um die 130 Euro und werden für Ihre Selbstironie gelobt. Wir persönlich fänden es sogar noch mutiger und erfrischender, wenn Sie augenzwinkernd Shirts mit der Aufschrift »My Husband was the Ambassador for the World Cup in Qatar« anbieten würden, um den Kritiker/innen so richtig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In der Selbstkritik ausschließlich ironisch: Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Wussten wir’s doch, »Heute-Journal«!

Deinen Bericht über die Ausstellung »Kunst und Fälschung« im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg beendetest Du so: »Es gibt keine perfekte Fälschung. Die hängen weiterhin als Originale in den Museen.«

Haben Originale auch schon immer für die besseren Fälschungen gehalten:

Deine Kunsthistoriker/innen von der Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt