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Bis dass der Tod mich scheidet

Selena Gomez hat es an ihrem 30. Geburtstag getan, Topmodel Adriana Lima bereits 2017, und auch Adriana Lima und Selena Gomez sind auf den Trendzug aufgesprungen: Sie haben sich selbst das Jawort gegeben. Selbstheirat – was ist das und warum?  

"Jetzt dürfen also in Deutschland Menschen gleichen Geschlechts einander ehelichen. Was kommt als nächstes? Dürfen wir unsere Haustiere heiraten? Blutsverwandte? Am Ende gar – uns selbst?" So schrieb es im Oktober 2017 der FAZ-Kolumnist Jasper von Altenbockum (Gedächtnisprotokoll). Was erzkonservative Spießer und reaktionäre Kulturpessimisten jahrzehntelang herbeifantasiert haben, ist nun eingetreten: Die ersten Leute – vorwiegend junge und weibliche – heiraten sich selbst. In Deutschland ist das freilich bislang nicht möglich, heißt es doch im Wortlaut des Paragraphen 1353 BGB: "Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder (wenn's unbedingt sein muss!) gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen." Betonung auf zwei.  

Das hält etliche Menschen nicht davon ab, in privaten Zeremonien alleine zum "Altar" zu traben wie 2022 die Schauspielerin Selena Gomez – oder sollten wir schreiben "Solona Gamez"? Sologamie heißt nämlich der symbolische Akt, der etwas mit Selbstermächtigung und Infragestellung des althergebrachten Paardiktates zu tun haben soll, und der trendet nicht nur in den USA. "Ich sage Ja zum Leben und jetzt auch zu mir selbst", kündigte Influencerin Jina letzte Woche auf Instagram an. Ihre 55,98 Millionen Follower dürfen live dabei sein, wenn die 22jährige erst in einem weißen Kleid von Enzoani und direkt darauf in einem marineblauen Zweireiher von Boss den Gang "down the aisle" wagt, sodann in ihrer natürlichen sowie in verstellter Stimme das Ehegelöbnis vorliest, anschließend einen Ring vom linken zum rechten Ringfinger und zurück wandern lässt und sich schließlich die Lippen langzieht, um sie auf ihre eigene Wange zu pressen. Das gewöhnungsbedürftig scheinende Prozedere hat sie bereits probehalber in einem Insta-Reel vorgeführt; für den Hochzeitswalzer im Solo ("Ich führe!") gab es Herzchen, Likes und Blumenstrauß-Emojis.  

"Ist doch praktisch, dass man sich heute keine Sorgen mehr darum machen muss, auf den Kosten sitzen zu bleiben, wenn die Braut oder der Bräutigam kalte Füße bekommt und kurz vor der Trauung verschwindet – hätte es Selbstheirat damals schon gegeben, ich hätte mich einfach spontan selbst geheiratet", prustet ein 68jähriger Passant, den wir in der Fußgängerzone nach seiner Meinung fragen. "Meine Verlobte hat mich nämlich damals in der Kirche sitzen lassen, ohne Begründung und ohne sich je wieder zu melden. Hahaha! Einfach nicht erschienen. Jetzt wäre ich mein eigener Ehemann. Wobei … ich glaube, ich hätte mich inzwischen von mir getrennt, ich war zuletzt ein ziemliches Ekel." Ein Fall von Selbstscheidung ist allerdings noch nicht belegt.  

Tatjana Floss feiert demnächst ihren bereits vierten Selbsthochzeitstag, "sofern ich ihn nicht wieder vergesse. Ja ja, ich werd' schon dran denken … Ich sage ja nur: Wär' mal wieder typisch. Was soll denn diese passive Aggressivität?" Auch in der Einzelvariante ist das Eheleben nicht vor Abnutzungserscheinungen gefeit. Trott zieht in den Alltag ein, kleine Unstimmigkeiten wachsen sich zu handfesten Streitereien aus, der Partner bzw. die Partnerin lebt sich auseinander. "Und ganz ehrlich", vertraut uns Tatjana Floss an, "mit meinen Eltern bin ich bis heute noch nicht warm geworden. Aber verraten Sie das bitte nicht mir." Immerhin sei der Versöhnungssex in Ordnung.  

Dass das Sakrament der Ehe an Bedeutung verliere, mahnen Unionspolitiker nicht erst, seit Justizminister Buschmann das Konzept der Verantwortungsgemeinschaft ins Spiel gebracht hat. Doch gerade dieses könnte auch der Selbstehe ein neues und gesellschaftsstärkendes Fundament verleihen. "Ich bilde ab heute mit mir eine Selbstverantwortungsgemeinschaft", erklärt der 40jährige Twitch-Streamer StraußenBoyDeluxe. "Ich bereite jeden Tag für mich eine warme Mahlzeit zu, im Gegenzug werde ich mich im Alter selbst pflegen. Ein Generationenvertrag, unter den ich nur noch meine zweite Unterschrift setzen muss." Sollte sich das noch länger hinziehen, wird Edgar Strauß, wie der hängengebliebene Internetstar mit bürgerlichem Namen heißt (Mädchenname: Anton Kaiser), eine Selbsteheberatungsstelle aufsuchen. "Ob ich will oder nicht!"

Torsten Gaitzsch 

Kategorie: Allgemein



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 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

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Lukas Haberland

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

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 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

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28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
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