Aus Eugen Egners Püppchenstudio
Über die Architektur
Architektur – darüber weiß man im Normalfall nichts, das ist, und darin sind sich alle einig, ausschließlich etwas für Architekten. Im Architekturstudium lernt man zuerst, wie blöd es zum Beispiel ist, ein Haus gegen einen Kugelschreiber zu tauschen. „So etwas macht man nicht“, laute die offizielle Lehrmeinung. Wie aber entsteht so ein, wie sagt man, Bauwerk?“ Bauwerk – das klingt für ungeübte Ohren ähnlich wie "Bahnhof", und tatsächlich sind, wie wir uns sagen lassen müssen, Bahnhöfe auch Bauwerke. In letzter Zeit hat man doch so viel von Schwierigkeiten mit Bahnhofsneubauten gehört, bleiben wir also bei diesem Beispiel. Da beim Bau von Stadthäusern immer wieder kleine Teile übrigbleiben (vor allem, wenn die Architekten und Bauherren eigene Gedanken in die Bauten ‚hineinarbeiten‘), hat sich eines Tages genügend Material angesammelt, um etwa einen Bahnhof mit Schornstein zu errichten. Ebenso kann man das betreffende Bauwerk natürlich auch als Klinik, Botschaftsgebäude, ja, sogar als Museum oder Konzerthaus verwenden. Der Schornstein muß allerdings an der Innenseite schwarz gefärbt werden. Auf die Frage, ob er selbst denn schon einmal so einen Bahnhof „errichtet“ habe, antwortete mir ein bekannter Architekt, jawohl, das sei tatsächlich vorgekommen. „Es sollte der Südbahnhof werden, allerdings ohne Schornstein. Den hatte man wegen der unerfreulichen Kassenlage eingespart. Das war aber kein ernstes Hindernis für mich. Bei den Ausschachtungsarbeiten fand sich im Erdreich das gesamte notwendige Baumaterial. Nach sorgfältiger Reinigung wurde alles nach meinem Plan zusammengefügt, und binnen eines Jahres entstand, was man heute den Südbahnhof nennt.“
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