Aus Eugen Egners Püppchenstudio
Spätes Gemälde
Erinnerungen an meine Zeit bei Klingenberger (1.Teil)
Nach meiner von Brahms erwirkten unehrenhaften Entlassung durchlebte ich eine Zeit der Ratlosigkeit. Weil ich nicht wußte, was ich tun sollte, tat ich nichts. Als Bündel in einem Zierbeet versäumte ich sogar die nächste Haupt- und Abgasuntersuchung, dergleichen wäre mir früher nie passiert. Mit dem Anstieg der Lebenshaltungskosten wuchs jedoch mein Vertrauen in die Zukunft, es ging langsam wieder aufwärts. Vorübergehend arbeitete ich in einer Radiofabrik, dann als Berater für Menschen, die keine Ahnung von der Kunst der Infektion hatten. Ich zeigte ihnen nicht bloß Schaubilder, sondern führte in zahllosen Selbstversuchen anschaulich vor, wie man Keime überträgt und einer Seuche erliegt. Doch längerfristig war das selbstverständlich keine Arbeit für mich, es zog mich zurück ins künstlerische Fach. Daher schloß ich mich einem Wanderzirkus an. Im Meldezelt führte ich täglich eine spektakuläre Nummer auf: Vier Stunden schlafen, erwachen, wieder einschlafen und danach stündlich erwachen. Ungefähr ein Jahr lang hatte ich damit Erfolg, bis mir ein Mädchen den Rang ablief, das auf Kommando durch den Verzehr eines Huhns eine naturgetreue Zwillingsschwester bekommen konnte (eine interessante Parallele zu dem Pfarrer, der täuschend echte junge Frauen aus Morsezeichen machte). Abermals durchlebte ich eine Zeit der Ratlosigkeit.
(Wird fortgesetzt)
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