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Als Balljunge in Katar

Der Mann, der beim FC Bayern München Sepp Müller war

"Sehr geehrte Damen und Herren des Rekordmeisters, hiermit möchte ich mich gerne auf ein Praktikum als Balljunge für Ihr Rückrunden-Trainingslager in Katar bewerben." – Es war überraschend einfach, an den Job beim FC Bayern zu kommen. Unter dem Pseudonym "Sepp Müller" steige ich wenige Tage später mit der Profiabteilung Herren des besten Fußballclubs der Welt in eine Lufthansa-Maschine in Richtung Arabische Halbinsel. Alle sind sie dabei: Ribery, Robben, Rafinha, Rummenigge – in echt sehen sie noch viel reicher aus als im Fernsehen: goldene Beats-Kopfhörer, schnittige Haartransplantate. Der Airbus rollt an, vom Runway winken die Spielerfrauen mit Seidentüchern, die Schweinsteigers und Götzen beginnen zu twittern. Ich begebe mich nervös auf die Bordtoilette und verschlinge vorsichtshalber meinen Presseausweis. Kaum habe ich ihn herunter, klopft streng Trainergott Pep Guardiola an die Tür – es sollten eindrucksvolle neun Tage werden. Das Protokoll:

Tag 1 Ankunft in Doha, Katar. Fans, Fans, Fans. Schelm Thomas Müller schlüpft für ein Selfie unter die Burka eines weiblichen Fans; kurzer Tumult, die junge Frau wird von Bruder und Vater der Scharia-Polizei anvertraut. Abfahrt ins Fünf-Sterne-Ressort "Blood Diamond", die Spieler singen "Ein Hoch auf unsern Busfahrer".

Tag 2 Champagner-Frühstück, dann die erste Trainingseinheit, doch es gibt Probleme mit dem frisch ausgerollten Rasen: ein nepalesischer Gastarbeiter hat hineingebissen, der Strafraum ist unbespielbar. Guardiola schimpft wie ein Rohrspatz, ordnet Trockenübungen auf dem Ascheplatz (Sand) an. Für mich als Balljunge gibt es wenig zu tun, Feierabend.

Tag 3 Tagsüber Training. Ich bleibe unauffällig, habe immer genügend Bälle parat. Beim Abendessen trainiert auch der Vorstand für die Rückrunde: Karl-Heinz Rummenigge schwitzt sich eine Bankettrede aus der Stirn, die er für den Gewinn der Champions League vorbereitet hat.

Tag 4 Guardiola experimentiert mit geheimen neuen Aufstellungen. Er möchte Kapitän Philipp Lahm demnächst als falschen Fuffziger im Mittelfeld einsetzen. Beim Benefiz-Testspiel "Soccer for Human Rights" gegen die Spielvereinigung Doha am Nachmittag klappt das schon ganz gut.

Tag 5 Aufreger des Tages: Blödelfranzose Ribery hat über Nacht gefehlt und sich mit Prinzessin Huzza (14) in die Katar-Monarchie eingeheiratet. Die Rechtsabteilung des FCBs rotiert, ist aber dank der Arbeit von Ex-Präsident Uli Hoeneß gut aufgestellt.

Tag 6 Apropos Hoeneß. Der Gottvater des Vereins schickt seinen Jungs Grüße aus der Strafvollzugsanstalt, bringt sie abends sogar höchstpersönlich mit dem Privatjet vorbei. Wein, Weiber, Festschmaus; und auch ich, der Balljunge, komme auf meine Kosten. Der FC Bayern – eine große Familie.

Tag 7 Ein vorwitziger Journalist der Zeit wirft den Bayern auf der Pressekonferenz am Mittag Heuchelei vor: Man könne sich nicht als Vorbildverein inszenieren und dann in ein Land fahren, in dem Menschenrechte mit Füßen getreten würden. Welttorhüter Manuel Neuer pariert souverän: "Diese Vorwürfe an meinen Verein sind absolut unhaltbar."

Tag 8 Abschlußtraining. Motivationskünstler Guardiola überrascht seine Spieler mit einem besonderen Gast: Investigativ-Profi Jürgen Todenhöfer ist direkt aus dem IS-Kalifat angereist und erklärt David Alaba und Kollegen, mit welchen psychologischen Kniffen die IS-Männer ihre kämpferischen Höchstleistungen erreichen.

Tag 9 Rückflug mit Zwischenstop und Testspiel in Riad, Saudi-Arabien. Sportvorstand Matthias Sammer rechtfertigt den Publicity-Stunt: "Dreist ist geil! Und uns kann eh keiner was, hahaha!" Saudi-König Abdullah fällt vor Freude und Gefallen am Bayernverein tot um.

Als ich, der Balljunge Sepp Müller, einen Tag später an der Säbener Straße in München mit Arbeitszeugnis und einem Geldkoffer aus meinem Praktikum entlassen werde, fällt mir ein Stein vom Herzen. Einige Male wäre ich fast aufgeflogen, z.B. als ich es versäumte Arjen Robben einen Ball zuzuwerfen, weil ich mir darauf gerade Notizen machte. Vieles habe ich in neun Tagen Katar gesehen, nicht alles habe ich begriffen. Mein bitteres Fazit lautet: Den Bayern ist die Meisterschaft nicht mehr zu nehmen, vom Pokal ganz zu schweigen. Sie sind eine echte Einheit, in bestechender Form und dürften selbst in der Champions League nur an einem ganz schlechten Tag zu schlagen sein.

Kategorie: Allgemein



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Briefe an die Leser

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
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