Kandidatenschnellcheck zur Bundespräsidentenwahl in Österreich
Heute dürfen die Österreicher bei der Wahl, wer die nächsten sechs Jahre in ihrem Land das Amt des Bundespräsidenten beschädigen soll, ihr Häkchenkreuz setzen. TITANIC stellt die beiden Kandidaten kurz vor:
Alexander Van der Bellen ist eine echte europäische Promenadenmischung, deren Stammbaum ein munteres Gestrüpp mit einer Vielzahl unterschiedlicher Wurzeln ist (z.B. Niederlande, Rußland, Golden Retriever). Van der Bellen wirkt zwar auf den ersten Blick mit seinem mausgrauen Wohnzimmergesicht etwas unflott und altersmüde, doch wirft man ihm ein paar Schlagworte hin, schnappt der Professor begeistert zu und läßt in der Diskussion nicht vor dem endgültigen Aus los. Themen, die ihm am Herzen liegen, sind Tierschutz, sexuelle Vielfalt und Kuscheln mit den Flüchtlingen. Im Falle einer Präsidentschaft wird man von Van der Bellen die nächsten sechs Jahre einiges hören – besonders dann, wenn man eigentlich schlafen will. Daß er als unabhängiger Bewerber gilt, obwohl er Mitglied der Grünen ist, von den Grünen unterstützt wird und gerne viel Zeit auf grünen Wiesen verbringt, ist ein Kunststück, das er lange einstudiert hat. Größte Stärke ist seine natürliche Autorität; oft braucht er nur andeutungsweise das Bein zu heben, und die Konkurrenz läuft ängstlich davon. Van der Bellen beißt nicht.
Norbert Hofer ist ein echter österreichischer Bua mit österreichischem Paß, österreichischem Fremdenhaß und echt österreichischem Schas*, Hofers Stammbaum ist eine beeindruckende österreichische Ringkonstruktion. Mit seinem Schnitzelgesicht sieht er noch dazu sehr österreichisch aus, als wäre er von Manfred Deix gemalt: kernig, naturverbunden, auf soliden zweieinhalb Promille Standgas. Kurzum, ein sympathischer Behinderter, dem dazu noch ein Bein lahmt, weil das Schicksal, als er beim Paragliding abstürzte, kurz schlief. Politisch steht Österreich im Zentrum von Norbert Hofers Denken, daneben österreichische Interessen und – damit gleichbedeutend – Norbert Hofer selbst. Er liebt die österreichischen Traditionen wie Türken bekämpfen, Antisemitismus und im Keller mit den Töchtern eine zweite Familie gründen (sog. "Melange à trois"). Würde Hofer Präsident, hätten die Flüchtlinge die längste Zeit tatenlos herumgesessen und Mokka geschlürft. Er würde sie achtkantig aus den Kaffeehäusern werfen, sie alsdann aus dem Land jagen, die Alpen abtragen und zu einem unüberwindbaren Wall an der mit den Nachbarstaaten noch auszumendelnden Landesgrenze wieder aufschütten lassen. Größte Stärke Hofers ist sein unerschütterlicher Glauben an die Unerschütterlichkeit seines Glaubens an sich selbst und die Überlegenheit österreichischer Krücken; er kann nicht mal andeutungsweise das Bein heben, trotzdem läuft alles mit Verstand vor ihm davon. Hofer beißt und hat die Tollwut.
*Österr. f. abgehenden Darmwind
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