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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Normale Härte

Es ist so eine Sache mit dem Rechthaben: Einerseits hat man es gleich gewußt, schön. Andererseits hat man es geahnt, furchtbar: „Regierung plant schärferes Asylrecht … Die Bundesregierung plant die schärfsten Leistungseinschränkungen für Flüchtlinge, die es in der Bundesrepublik je gab: Sogenannte Dublin-Flüchtlinge sollen nur noch eine Rückfahrkarte und eine Wegzehrung erhalten – und so veranlaßt werden, sich wieder in den Staat zu begeben, den sie in der EU zuerst betreten haben. Sie werden künftig ,ausschließlich eine Reisebeihilfe zur Deckung des unabweisbaren Reisebedarfs’ erhalten. Sie sollen auch keinen Anspruch auf ein Bett oder ein Dach über dem Kopf haben, auch nicht auf medizinische Betreuung in Deutschland. Das Asylbewerberleistungsgesetz wird für sie quasi abgeschaltet.“

Pfarrer H. Prantl konnte es in seiner Süddeutschen nicht fassen: das „Septembermärchen“ (Katrin Göring-Eckardt, gewohnt dumm) schon wieder vorbei? Refugees doch nicht so welcome? Oder nur ganz bestimmte? Nämlich solche, die Kapital bilden helfen, insonderheit moralisches? Das größtherzige Land auf Erden – jetzt wo es installiert ist und die Weltpresse vor Begeisterung Tränchen zerdrückt, kann die „moralische Großmacht“ und „Hegemonialmacht der europäischen Werte“ (Thomas Steinfeld im Feuilleton zehn Seiten weiter) diese Werte wieder nach allgemeiner Auffassung interpretieren: „Das geplante Recht kennt weitere Verschärfungen: Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten (auch Albanien, Kosovo und Montenegro sollen dazu zählen) müssen statt drei künftig bis zu sechs Monate im Aufnahmelager bleiben. In dieser Zeit sollen sie kein Bargeld, sondern nur Sachleistungen erhalten. Ein Teil der Flüchtlinge, die bisher eine Duldung erhalten haben, weil sie nicht abgeschoben werden können, bekommt einen noch wackeligeren Status – den ihnen eine neue ,Bescheinigung über die vollziehbare Ausreisepflicht’ attestiert. Menschen mit diesem Papier darf ,Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden’. Der Übergang von der Duldung in einen legalen Aufenthalt, der bisher dank Kirchen, Gewerkschaften und Unternehmen gelingen konnte, wird in diesen Fällen künftig unmöglich sein: ohne Arbeit keine Stabilisierung des Aufenthalts“ (Prantl).

„Das ist normal, stinknormal, aber ganz schön hart“ Rodgau Monotones, 1984

Überraschend ist das alles kaum; bereits Anfang Juli, als Wogen der Hilfswut das Land durchspülten, konnte der Bundestag eine erste Verschärfung des Asylrechts beschließen, die es erlaubt, Asylsuchende zu inhaftieren, auch ohne daß sie dafür Kekse klauen müssen, und der Innenminister sprach ausdrücklich von „Härte“, die nötig sei, um „die Zustimmung zur Zuwanderung und der Aufnahme von Schutzbedürftigen in Deutschland zu sichern“. Keine Zustimmung ohne Härte, keine Härte, andersherum, ohne die Jubelmünchner am Hauptbahnhof, deren Geste, leider, gleichzeitig die nationale Tat war, die einem sich verschärfenden Asylregime den Rücken freihält.

Daß auch der sog. Wirtschaftsflüchtling ein politischer ist, weil niemand seine Armut verschuldet hat, schrieb F.C. Delius vor dreißig Jahren in seinen Roman „Adenauerplatz“ hinein (und die SZ, ganz linksliberales Gewissen, stand nicht an, darauf hinzuweisen); und es ist kein unperfider Nebeneffekt der kanzlerinnenseitigen Wir-schaffen-das-Großzügigkeit, über den unermeßlichen Imagegewinn hinaus, daß der Armutsflüchtling jetzt erst recht keine arme Sau mehr ist, deren Pech, an der Peripherie geboren zu sein, uns Metropolenbewohner und „selbstlose Patrioten“ (Steinfeld) irgend etwas angehen müßte.




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
10.05.2024 Weil am Rhein, Kulturzentrum Kesselhaus Thomas Gsella
11.05.2024 Karlsruhe, Kabarett in der Orgelfabrik Thomas Gsella
12.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »Ach was – Loriot zum Hundertsten«
12.05.2024 Kleinschönach/Bodensee, Kunsthalle Thomas Gsella