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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Im Wortsinn Kapitalverbrechen

„O du süße Gewohnheit des Daseins!“ heißt es in Goethes Egmont, und tatsächlich, das hatten wir schon, ist Routine das Fundament, auf dem wir alle leben, die einen mehr, die anderen weniger. Und da wir, der eine mehr, die andere weniger, mit, in und manchmal gar für die Medien leben, ist Medienroutine auch ganz die unsere.

Da hat also einer, nennen wir ihn H., Steuern hinterzogen, und weil H. als guter Mensch galt, war der Fall so tief, daß beim reinrassigen Agenda-Setter Jauch gleich zweimal irgendwelche Leute beisammensaßen und sich über tiefes Fallen, Steuersünderei und insgesamt Moral austauschten, darunter auch der Unterhaltungskünstler Pocher, von dem nun wirklich nicht zu wissen war, was der denn nun davon verstand. Da der tiefe Fall hoher Menschen die allerklassischste Konstellation des Lehrtheaters ist, war auch im sog. Blätterwald dann über Wochen kein Halten, wurde über Steuermoral, Offshore-Konten und den Staat extemporiert, dem seine Steuern nun einmal zustehen: „Es gibt keinen Zweifel: Steuerhinterziehung ist ein Gesetzesbruch. Es ist im Wortsinne ein Kapitalverbrechen … Außerdem, auch daran gibt es wenig Zweifel, ist Steuerhinterziehung ein Betrug an der Gesellschaft. Ein moderner demokratischer Staat lebt davon, daß seine Aufgaben über Steuereinnahmen finanziert werden. Will dieser Staat einem sozialen Anspruch genügen, dann zahlen die reicheren Menschen mehr Steuern als die Armen“ (SZ). Usw.

„Tief verkrümelt in die Polster und Kissen erholt man sich vom großen und furchtbaren Zusammenhang. Das Dach über dem Kopf ist ein Schutz gegen die viel zu ausgedehnte Erdkugel. Uns platzt der Kopf davon. Das ist nun vergeben und vergessen. Es gibt nicht den Waffenexport des eigenen Landes, nicht die industrielle Giftmischerei, nicht die Vielzahl krimineller Staatsgeschäfte zum Wohlbehagen der Staatsinsassen. In der Nacht, unter den steilen und flachen Dächern, müssen die Dinge nicht zuende gedacht werden.“ Kronauer, 1990

In der Medialgesellschaft sind Erzählungen von Politik (und also Erzählungen von Gesellschaft selbst) Erzählungen in Anekdoten: Die „Anekdotisierung aller Ereignisse“ (Peter V. Zima), ist das, was andernorts als „Personalisierung auf dem Skandal-Boulevard“ (Theweleit) oder „Verwirrung zwischen dem öffentlichen und dem intimen Leben“ (Sennett) vorstellig wird und heißt, daß über dem Theater, das wegen der Regelverletzungen eines Prominenten (oder, im Falle der Hetze gegen „Sozialbetrüger“, Anti- bzw. Bizarro-Prominenten) veranstaltet wird – „verantwortungslos, asozial“ (Pfarrer Braun bzw. Gauck) – ganz andere, größere, strukturelle Skandale unter den Tisch fallen, genauer: fallen gelassen werden. Wenn es nämlich presseseits hieß, die Steuerehrlichkeit solcher Leute wie H. vorausgesetzt, sähen Schulen und Straßen in Deutschland besser aus, als sie es tun, ist das, die deutsche Staatsschuld betrachtet, die täglich (!) um 380 Millionen Euro wächst, höchstens eine Halbwahrheit, und es soll keiner vom sozialen Anspruch des Staates reden, wenn dieser Staat, es ist noch gar nicht lange her, den Spitzensteuersatz gesenkt, die Vermögenssteuer abgeschafft, die Arbeitslosenhilfe geschleift und die Unternehmenssteuern an die Nachweisgrenze gedrückt hat. Vor ein paar Jahren, nach einem Leseabend in Ludwigshafen, wußte der Veranstalter auf die Minute genau, wann in seiner Stadt „die Lichter ausgegangen sind“: in nämlich jener, als das (rotgrüne) Gesetz in Kraft trat, das Unternehmen wie der lokalen BASF erlaubte, ihre Gewinne im Inland steuergünstig mit den Verlusten im Ausland zu verrechnen. Denn derselbe moderne demokratische Staat, der davon lebt, daß seine Aufgaben über Steuern finanziert werden, bestimmt, wer diese Steuern zahlt und wer nicht. Es sind im Zweifel immer dieselben, die sie nicht zahlen, und Betrug an der Gesellschaft ist das nur deshalb nicht, weil man einem Hausbesitzer nicht vorwerfen kann, daß er keine Miete zahlt.

Es ist Routine, daß ich das sage. Aber es ist nichts gegen die Routine, es zu verschweigen.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg