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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Halt's Maul, Deutschland

75 Jahre ist die Reichskristallnacht her, eine Ewigkeit, mein Vater war gerade zwei, und fast genauso lange hat es gedauert, bis das Buch des Holländers Konrad Heiden, das Augenzeugenberichte versammelt und bereits 1939 in England, Frankreich und Schweden erschien, auch auf Deutsch zugänglich geworden ist („Eine Nacht im November 1938. Ein zeitgenössischer Bericht“, Wallstein). Meine furchtbar liberale Qualitätsmorgenzeitung, die zwar weiß, daß „Fürchterliches“ geschah und mit dem Pogrom „die Vernichtung begann“, aber keine Zweifel daran hat, daß „die Deutschen mehrheitlich dagegen“ waren, zitiert daraus: „S.A. verhaftete ein junges jüdisches Ehepaar. Die Frau bat um Erlaubnis, ihr zehn Monate altes Baby mitnehmen zu dürfen. Dies wurde ihr verweigert. Nach der Abführung der beiden wurde das Baby in der leeren Wohnung eingeschlossen, die Wohnung versiegelt und ein Wachposten davor gestellt. Zwei Tage lang hörte man das Baby noch schreien. Dann wurde es still.“

„Man soll nicht vergessen und sich nicht ausreden lassen, daß der Nationalsozialismus eine enthusiastische, funkensprühende Revolution, eine deutsche Volksbewegung mit einer ungeheuren seelischen Investierung von Glauben und Begeisterung war.“ Thomas Mann, 1944

Meine Qualitätsmorgenzeitung apostrophiert dies als Tat von „Brutalos“ im „angeschlossenen Österreich“, an anderer Stelle ist von „Hooligans“ und „Horden“ die Rede, wie laut Zwischentitel (und sämtlichen Funkberichten zum Thema) selbstredend „die Nazis“ gemordet haben, während „die Deutschen“ ja mehrheitlich dagegen waren, während wiederum die Polen, „alle Gebote der Menschlichkeit mißachtend“, 17 000 deportierten Juden die Aufnahme verweigerten und das Buch Heidens „im Ausland keinerlei Wirkung“ hatte, so daß zum guten Schluß Menschlichkeit nur mehr bei „den Deutschen“ zu finden war, die sich bloß manchmal an den zahlreichen Plünderungen beteiligten: „Sofern man Juden heimlich helfen konnte, taten es viele. Aber es gab keinen kollektiven Aufschrei.“

„Das [Zitat Manns] ist die Wahrheit, und alles andere, sage ich als Augenzeuge, ist Lüge. Die Verschmelzung war, bis auf Reste, total.“ Ralph Giordano, 1987

75 Jahre, das ist nicht lange her, mein Vater war schon auf der Welt, und während er Bauklötze stapelt, schließen gute Großdeutsche und Angehörige der Partei, die von der übergroßen Mehrheit der Deutschen, wie passiv auch immer, unterstützt wird, ein Kind, das kaum älter ist als sein Enkel heute, in einer Wohnung ein, versiegeln sie und lassen seinen Enkel sterben, verdursten, allein. Ein großdeutscher Wachposten steht davor, wahrscheinlich wird er während der zwei Tage abgelöst, in denen meines Vaters Enkel schreit, also hören zwei, drei oder vier großdeutsche Wachposten, wie sein Enkel, mein Sohn, schreit, immer wieder, erst laut, dann wimmernd, zwei volle Tage lang, und dies durchgehalten zu haben und dabei – abgesehen von Ausnahmen menschlicher Schwächen – anständig geblieben zu sein, ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte, einer Geschichte, die so lange nicht vergeht, wie das Schönfärben, Abwälzen, Aufrechnen und Exkulpieren nicht aufhört, das Lügen um einer nationalen Sache willen, die so aus Herzensgrund verflucht sei wie die vor 75 Jahren.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg