Fabian Lichters Economy Class
Vom Drink allein
Daran, dass im ewigen Wettbewerb selbst die Genussfähigkeit des Menschen auf der Strecke bleibt, wird man derzeit eindrücklich bei Rewe erinnert, wenn man sich auf dem Weg zur Kasse mal wieder am Regal für Food-Replacement vorbeidrücken muss. Wo man aufs Arbeiten so gar nicht mehr verzichten kann, kann man es offensichtlich eher noch auf feste Nahrung und greift deshalb lieber gleich zur Flasche. Neuerdings auch gerne mal der mit der Nahrungsergänzungsplörre. Das spart Zeit und Mühe und so ernährt man sich in Agentur und Homeoffice inzwischen auch nicht anders als oben auf der ISS – sky is the limit! Von Genuss ist an diesem Punkt dann auch keine Rede mehr, es genügt, wie sich Erfahrungs- und Testberichten entnehmen lässt, dass man den Inhalt herunterbekommt. Produziert ist das Ganze schließlich zum Verkauf und wer es gebraucht, hat selbst Schuld. Zumindest können Schauspieler sich so ein Zubrot verdienen, indem sie auf Facebook die bunten Flaschen eines Münchner Start-ups bewerben, und YouTuberstars dürfen ihrer Zuschauerschar zu sicherlich satten Konditionen vorbeten, dass sie sich – sofern sie den Schlaf nicht schon auf ähnliche Weise in die Mangel genommen haben wie den Hunger – der Trinknahrung wegen jedenfalls nun nicht mehr länger als für die Dauer einer Pinkelpause vom Bildschirm entfernen müssen. "Nach etwa 2 1/2 Stunde (sic!) greife ich erst zu einem Apfel, bis dahin kann ich satt und konzentriert arbeiten und das Fresskoma, das ich nach vielen anderen Mittagessen nur zu gut kenne, bleibt aus", bewirbt eine nahezu konzentrierte Testerin bzw. Verkäuferin – es ist ja heute ohnehin eins – im Magazin Fit For Fun ihr Süffelmahl. Wo der Mensch den Dingen dient, statt umgekehrt, da ist es nicht einmal wunderlich, viel mehr schon konsequent, dass man bei aller Beschäftigung mit dem Essen und dem eigenen Körper zu beidem kein Verhältnis mehr hat, das noch über ein funktionales hinausginge.