Hannah Beitzer, c/o Süddeutsche.de!
Da sitzt man an einem Junisonntag im schönen Berlin, die ganze Welt könnte gut sein und herrlich, doch die Kasperl von irgendeinem Schönheitszentrum müssen im Regierungsviertel Flüchtlinge begraben. Und man selbst muß also die Dachterrasse verlassen und ausrücken, um seinem Arbeitgeber, dem Leitmedium, flink einen Kommentar dazu ins Netz zu rödeln. Man kommt an, und was da nicht vor sich geht: "Demonstranten und Journalisten, die knipsen und filmen, was das Zeug hält." Jessas! Kollegen mit Kameras – an einem Sonntag! In Berlin! "'Das gibt tolle Bilder', sagt der schwarzgekleidete Mann mit den blonden Haaren", der die frisch ausgehobenen Gräber ablichtet. Zynisch wie immer, der schwarze Mann! Von der schwarzen Frau ganz zu schweigen: Vor einem Sarg "posiert eine junge, schwarzgekleidete Frau mit einem Kreuz in der Hand". Klar, daß wenige Meter weiter jemand "eifrig auf eine Spiegelreflexkamera drückt, als wäre das hier das Set von Germany's Next Topmodel". O tempora, o Sitten! Da wird einem ja schlecht! Und es ist ganz bestimmt nicht der Veggie-Döner vom Frühstück. Weswegen man, nachdem man sich in seinen Kiez zurückgetrollt hat, den SZ-Artikel zu diesem unheiligen Schauspiel stilsicher mit "Die Mittel schaden dem Zweck" überschreibt – ein Evergreen aus der Journalistenschule, mit dem sich quasi alles diskreditieren läßt. Ohnehin ist doch bekannt, führt man darunter dann aus, daß die Deutschen bereits "täglich mit dem Schicksal der Flüchtlinge konfrontiert sind, in den Medien, aber vielmehr noch in den Städten und Dörfern, in denen immer neue [sic!] Unterkünfte gebaut werden". Und da man in den Städten längst weiß, wie man Unterschriften gegen neue Unterkünfte sammelt, und auf den Dörfern, wie man sie anzündet; und zu dieser lächerlichen sonntäglichen Terroraktion des Schönheitszentrums nicht mal der Bundespräsident gekommen ist, um ein paar Sektgläser vollzuweinen, kann, ja muß man bei der SZ leider folgern: "Die Künstler unterschätzen ihr Publikum. Sie wollen einem Land mit drastischen Mitteln vor Augen führen, worüber es seit Monaten redet." Herrje! Und wegen so einem sinnlosen Quatsch der ganze Sonntag im Arsch, man bekommt direkt eine Wut, zückt sein schwarzgehülltes I-Phone und twittert und facebookt den nun fertigen Artikel eifrig raus, was das Zeug hält. Denn "zum Nachdenken regt die Aktion 'Die Toten kommen' nicht an". Jedenfalls nicht Hannah Beitzer von der Süddeutschen. Danke für die Aufmerksamkeit:
Titanic