Newsticker

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Aus Eugen Egners Püppchenstudio

 


 

Erinnerung an Wuppertal 

Im Alter von zwanzig Jahren zog ich nach Wuppertal, der Welthauptstadt des Free Jazz. Damals ist jeder aus diesem Grund nach Wuppertal gezogen. In der Region hat der Free Jazz viele bis zum heutigen Tage bestehende Arbeitsplätze geschaffen, und einen davon bekam ich. "Wo Free Jazz ist, da ist auch massenhaft Geld", hieß es immer, was, wovon ich mich überzeugte, zweifellos den Tatsachen entsprach. Man verdiente ausgesprochen gut in diesem Bereich. Das war das eine, ein anderes hingegen waren die Irritationen, die das Stadtleben mit sich brachte. Aber allzu viele Gedanken konnte ich mir nicht darüber machen, dazu beschäftigte mich die Arbeit, die der Free Jazz machte, viel zu sehr. So war das damals. 


 

Die Leichtverletzten lachten eine halbe Stunde lang.

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Der neue Spielgefährte

 



Trost

"Sprachbegabungen vergehen", rief der Leichenredner am offenen Grab der allgemeinen Sprachkompetenz, "doch was uns bleiben, sind das Nebeneinander zwischen Leben und Tod." Dann wurde das Loch zugeschaufelt.

 


 

 

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 Immer wieder gut: Lineare Algebra 

 


Jugenderinnerung  

An einem Winternachmittag in meiner Jugend näherte ich mich dem hinteren Eingang eines großen alten Gebäudes. Außer mir waren zahlreiche weitere junge Menschen beiderlei Geschlechts dorthin unterwegs. Alle waren in gehobener bis ausgelassener Stimmung. Unweit des Eingangs bewarfen etwa ein Dutzend von ihnen einander lachend und schreiend mit Schneebällen. Zu so etwas war ich nicht aufgelegt, ich wollte lieber schnell ins Warme. Von drinnen war die Musik einer Beatgruppe zu hören, die einen aktuellen angelsächsischen Hit interpretierte. Umgeben von erwartungsfrohen Gleichaltrigen kam ich in dem geheizten Veranstaltungssaal an. Die meisten hängten nach dem Bezahlen des Eintrittsgelds ihre Mäntel und Jacken an der Garderobe auf und eilten zur Tanzfläche. Mein Ziel war der Bereich mit den Sitzgelegenheiten, wo schon einige Minderjährige beisammensaßen und schwatzten. Zwei der Jungen waren Bekannte von mir. Ich setzte mich auf einen freien Sessel und hörte zu.  
Im Zentrum der Unterhaltung stand die Frage, was "damals mit Tartiner geschehen" sein mochte. Tartiner war einer der Anwesenden, ein junger Mann, der offenbar aus "guten Verhältnissen" stammte. Er wirkte kultiviert und war gut gekleidet. Über das mit ihm Geschehene kursierten Gerüchte. Andeutungen wurden gemacht. Einer der beiden, die ich kannte, sah Tartiner grinsend an, beugte sich auf seinem Schaukelstuhl nach vorn und ließ sich dann gegen die Lehne zurückfallen. Das wiederholte er mehrmals. Jemand sagte etwas, das wohl darauf Bezug nahm, doch ich konnte es nicht verstehen, weil ein neben mir sitzendes Mädchen laut über den Schaukelnden lachte. Mit ernstem Gesichtsausdruck widersprach Tartiner: "So war das nicht." "Wie dann?" forschte der Schaukler. Tartiner, um Wahrhaftigkeit bemüht, gab zur Antwort: "Sie waren getuscht. Figuren ohne Hals." "Aha", ließ sich der hören, dessen Worte im Lachen des Mädchens untergegangen waren, "das heißt also, sie waren ..." Lautstarker Applaus auf der Tanzfläche ließ mich wieder kein Wort verstehen. Als es endlich ruhiger wurde, sprach Tartiner von "Zellen". Mir war nicht klar, welcherart Zellen gemeint waren, solche im Sinne von "kleinste lebendige Einheit und Grundbaustein aller Lebewesen" oder "kleiner, schmuckloser Raum, dessen Einrichtung auf das Notwendigste beschränkt ist". Ich mochte mich aber nicht unnötig exponieren, indem ich nachfragte. Das Mädchen neben mir wollte wissen: "Wie sahen die denn aus?" "Schlimm", antwortete Tartiner leise. Ihm war anzusehen, daß er unter der Erinnerung litt.  
Niemand sprach mehr etwas, sogar die Musik hörte auf. Im ganzen Saal war es totenstill. Umherblickend stellte ich fest, daß mich alle Anwesenden ängstlich anstarrten. "Was ist?" wollte ich rufen, doch es kam nur Mondlicht heraus. Weil ich die auf mich gerichteten Blicke und die angespannte Stille im Raum nicht länger ertrug, verließ ich fluchtartig meinen Platz. Ich holte meinen Mantel und wollte hinauslaufen. "Wo willst du denn übernachten?" rief mir die die Frau an der Garderobe nach. Selbstbewußt erwiderte ich: "In Tartiners Sterbezimmer."  "Wie gelingt es dir nur, da zu schlafen?" wunderte sich die Frau. "Und wovon willst du dich ernähren?"  "Meine lebenden Freunde bringen mir Schlafmittel und Kuchen. Jetzt muß ich gehen." Und ich ging. Draußen schneite es.

 


 

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Zwischenheirat für Innenräume

 


 

Veränderungen

In einem altehrwürdigen Gebäude, möglicherweise dem Rathaus der Stadt, stellte man mich einem Vertreter der regionalen Kulturbehörde vor. Er sollte mich zum Ort meines Vortrags bringen. Den Namen des Herrn konnte ich wegen meiner Schwerhörigkeit leider nicht verstehen, deshalb will ich ihn im folgenden mit Holzberg angeben. Nachdem wir ein paar Worte gewechselt hatten, machten wir uns auf den Weg. Überraschenderweise sollte mit einem Linienbus zu der Industriehalle am Stadtrand gefahren werden, wo ich den Vortrag halten sollte. Aus Höflichkeit übte ich keine Kritik daran. Alles, was ich sagte, war: "Keine Sorge, mich interessiert nur noch das Unausdenkliche."
Ich nahm im vorderen Teil des Busses Platz, während Holzberg die Fahrausweise besorgte. Er hielt in jeder Hand einen zigarettenschachtelgroßen schwarzen Gegenstand und fuchtelte damit vor dem Gesicht des Fahrers herum, bis der Vorgang abgeschlossen war. Weil sich der Bus inzwischen stark mit Passagieren gefüllt hatte, konnte Holzberg nicht bis zu mir vordringen. Neben mir saß eine etwa siebzigjährige weißhaarige Dame, die mich fragend ansah. Was lag näher, als ihr von meiner beruflichen Tätigkeit und deren Bedeutung zu erzählen! Auch von Luft und Wasser sprach ich. Sie schwieg dazu, doch ihr Blick wurde immer fragender. Bemüht, ihr alles möglichst laienverständlich nahezubringen, konzentrierte ich mich vollkommen auf meine Rede. Erst nach einer ganzen Weile fiel mir die Frau wieder ein. Ich wollte an ihrem Gesichtsausdruck ablesen, ob sie mir folgen konnte, doch ein gleichgültig aussehender, dicker Mann saß jetzt auf ihrem Platz. Holzberg konnte ich ebenfalls nicht mehr entdecken. Der Bus hatte angehalten, und ich nahm an, mein Begleiter sei von den Aussteigenden mitgerissen worden, ohne mir ein Zeichen geben zu können. Um ihn wiederzufinden, begab ich mich selbst ins Freie. Draußen bot sich mir ein chaotischer Anblick. Es gab keine festen Straßen für den Verkehr, sondern nur schlammige Feldwege. Auf einer leichten Anhöhe hatte sich ein anderer Bus in bedenklicher Schieflage festgefahren. Etwas weiter unten steckte rechterhand ein weiterer manövrierunfähig im Schlamm. Trotzdem drängten sich alle, die soeben ausgestiegen waren, vor den beiden Bussen und wollten unbedingt hinein. Auch Holzberg befand sich unter ihnen. Bei dieser Gelegenheit sah ich ihn zum letzten Mal. Als einziger kehrte kehrte ich in den fahrbereiten, jetzt leeren Bus zurück. Der Fahrer war damit beschäftigt, ein Protokoll für künftige Generationen zu schreiben.
Mir ein Beispiel daran nehmend, zog ich mein Tagebuch hervor. Durchs Fenster neben mir sah ich beiläufig, wie die beiden anderen Busse plötzlich himmelwärts schwebten und verschwanden. Aus dem Kopf des Fahrers vor mir wuchsen Spalierrosen. Etwas hatte sich verändert, vielleicht die Zusammensetzung der Luft oder des Lichts.

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Lange nicht mehr gesehen und inzwischen leicht zerknittert

 


 

Die Treppe mühsam Stufe um Stufe mit beiden Füßen zugleich emporhüpfen in die oberste Etage. Dort die Küche aufsuchen, wo man längst verstorbene Familienmitglieder beim Konzipieren einer Nacktschneckenplage anzutreffen erwartet. Es sind zwei ungenaue Präsenzen anwesend, kurz darauf nur noch eine, dann keine mehr. 

 


 

Beim Frühstück hatte der Käse eine Ausfallerscheinung.


  

Weniger häufig gestellte Frage: "Haben Sie mein neuntes Streichquartett erhalten?" 

 


  

 

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Ein gern gesehenes Bild 

 


 

Das Knie der Großfürstin (allerneuste, abermals verbesserte Fassung)  

Viel zu spät wurde festgestellt, daß sich das Knie der Großfürstin nicht im Stundentakt beugte. Wie zum Teufel sollte sie im Betstuhl bestehen? Man schraubte das Knie auseinander. Alles zerfiel, die Spule, die Platine, der Nerv, das Kranzgefäß. Draußen vor dem Fenster machte jemand Wasserzeichen, und es zeigte sich, daß das Knie der Großfürstin kein Funksignal empfing. „Man muß dem Knie Zeit geben, das Signal zu empfangen“, meinte der führende Spezialist. Einige, die habituell zum Auseinanderschrauben von Dingen neigten, waren dafür, das defekte Knie weiter auseinanderzuschrauben bis zum Zerfallen auf molekularer Ebene. „Nein“, entschied die Großfürstin, „kein weiteres Auseinanderschrauben mehr. Gebt mir nur etwas Zeit, sagen wir, bis Dienstag.“ Bis Dienstag ­– das war eine lange Zeit für jemanden, dessen Knie sich nicht im Stundentakt beugte. Im Betstuhl konnte die Großfürstin unmöglich so lange bestehen. Der führende Spezialist sah schwarz. Es wurden Blumen abgegeben. „Wußten Sie“, fragte die Großfürstin, „daß den Alten das Knie als Geburtsorgan galt?

 


 

Es ließ sich alles fast ausschalten.

 


 

Häufig gestellte Frage: „Haben Sie mein achtes Streichquartett erhalten?“ 

 

 

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Etwas misstrauisch, Claus-Christian Carbon,

Psychologieprofessor, stimmt es uns, wenn Sie im Spiegel fordern, dass Politik und E-Auto-Hersteller für mehr bezahlbare Elektromodelle sorgen. Wo ist der Haken? Wollen Sie die mit Strom aus fossilen Brennstoffen betreiben? Oder wandert vielleicht Kohle von der E-Auto-Lobby in Ihre Taschen?

Interessiert sich brennend für die Antwort:

Ihre Titanic

 Grüezi, Berner Kantonalbank!

Du verfügst über eine Bilanzsumme von 39,9 Milliarden Franken und investierst einen Teil davon in eine Werbeagentur, die sich für Dich Ein-Wort-Slogans wie »Wohlatility« oder »Globewürdigkeit« ausdenkt.

Dabei handelt es sich wohl um den Versuch, den Jargon der internationalen Finanzwelt mit positiv besetzten und vertrauenerweckenden Begriffen zu verknüpfen. Aber warum hier aufhören? Es warten doch noch so viele mögliche Wortspiele! Wie wäre es zum Beispiel mit »Kumpeliance«, »Nett worth« oder »Boniständigkeit«?

Rechnung ist unterwegs von Deiner Titanic

 Wir haben da eine Idee, FiniBee!

Ihr seid »Frankfurts erstes Powerbank Sharing Startup« und versprecht mit Euren Ladestationen schnelle Abhilfe, wenn man mal mit fünf Prozent Restladung auf dem Telefon vor dem Kiosk steht.

Da uns genau das jetzt passiert ist, sind wir zur Powerbank-Station geschwirrt und hatten im Handumdrehen wieder Saft: nur schnell den QR-Code scannen, die App installieren, die eigene Telefonnummer eintippen, ein Passwort ausdenken (»AarghGleich3%«), ein Bezahlverfahren einrichten, einen anderen QR-Code scannen, den richtigen Aufstellort per Kartenansicht suchen, ein paar Knöpfe drücken und schon die rettende Leihbatterie entnehmen. Puh!

Wenn Ihr jetzt noch die Spannung, die der Wettlauf zwischen Telefontod und Ausleihe in uns erzeugt, direkt zur Energiegewinnung nutzen könntet, hättet Ihr eine komplett ökologische Lösung ganz ohne Powerbanks gefunden!

Geladene Grüße von Titanic

 Sie, Bundeskanzler Olaf Scholz,

wollten zum Tag der Arbeit Vorurteile über Arbeitsmoral und Arbeitsbedingungen in Deutschland entkräften. In einer Videobotschaft teilten Sie mit, es ärgere Sie, wenn manche abschätzig vom »Freizeitpark Deutschland« redeten.

Ist es aber nicht so, dass sich Teile der Arbeitgeberschaft tatsächlich in einem Phantasialand mit den Themenwelten »Lohngerechtigkeit«, »Aufstiegschancen« und »Selbstverwirklichung im Job« befinden und sich dort prächtig zu amüsieren scheinen?

Fragen aus der Geisterbahn Deutschland

Ihre Work-Life-Balancierer/innen von Titanic

 Verstörend, Tschetschenien!

Dein Kultusministerium hat Musik unter 80 und über 116 Beats pro Minute verboten. So soll Deine traditionelle Musikkultur bewahrt werden. Diese Maßnahme hätten wir gerade von Dir autoritär geführter und unter Putins Fuchtel stehender russischer Teilrepublik am allerwenigsten erwartet. Dass Du Deine Musiker/innen dazu zwingst, kompositorisch ihrem Kulturkreis treu zu bleiben, ist schließlich nichts anderes, als kulturelle Aneignung unter Strafe zu stellen. Da haben wir jahrelang dagegen andiskutiert und sie als rechtes Hirngespinst abgetan, um jetzt feststellen zu müssen: Es gibt sie doch, die Woke-Diktatur!

Senden hoffentlich weder zu schnelle noch zu langsame Grüße:

Deine politischen Beobachter/innen von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Vorschlag

Beinpresse als anderer Ausdruck für Fußballzeitschriften.

Karl Franz

 Gute Aussichten

Für mich ist es ganz wichtig, auch im Alter neugierig zu bleiben. Darum habe ich mir ein neues Kissen für mein Fensterbrett geleistet.

Uwe Becker

 Falscher Titel

Kürzlich habe ich einen Brief meiner ehemaligen Universität erhalten, dass ich mich, da ich in meiner Abschlussarbeit in Gletscherwissenschaften plagiiert haben soll und mir mein Titel nun aberkannt wird, fortan bitte nicht mehr Glaziologe, sondern lediglich Halbglaziologe nennen soll.

Ronnie Zumbühl

 Alte Grabräuber-Weisheit

Das letzte Hemd hat keine Taschen und man kann ins Grab nichts mitnehmen. Was man aber sehr wohl kann: aus dem richtigen Grab viel herausholen.

Jürgen Miedl

 Energievampir

Wie groß doch der Unterschied zwischen dem Leben in der Stadt und dem auf dem Land ist, fiel mir wieder auf, als ich mit meiner Tante vom Hof telefonierte und wir uns über unsere Erschöpfung austauschten: Ich erklärte mir meine große Müdigkeit damit, dass ich den Tag zuvor in der Therapie eine neue Erkenntnis gewonnen hatte, gegen die ich mich aber noch sperre. Das verbrauche natürlich schon viel Energie, außerdem wolle sich mein Gehirn so wenig mit der neuen Erkenntnis beschäftigen, dass es lieber in die Schläfrigkeit flüchte. Sie wiederum begründete ihre Mattheit mit den Worten: »Ich glaube, mich hat was gebissen, das müde macht.«

Laura Brinkmann

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.06.2024 Düsseldorf, Goethe-Museum Hans Traxler: »Traxler zeichnet Goethe«
21.06.2024 Husum, Speicher Max Goldt
23.06.2024 Kiel, Schauspielhaus Max Goldt
18.08.2024 Aschaffenburg, Kunsthalle Jesuitenkirche Greser & Lenz: »Homo sapiens raus!«