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Aus Eugen Egners Püppchenstudio

 


 

Es ist ein Fehler aufgetreten

Ich nahm auf dem Beifahrersitz platz. Der Chauffeur behauptete, der Motor werde nicht wieder anspringen, nachdem er sich nun schon länger als eine Viertelstunde im Ruhezustand befände. Dann warf der Mensch mir hasserfüllt vor: "Ihretwegen bin ich fern von Heim und Familie mitten in der Nacht unterwegs, um Sie in dieser gottverlassenen Gegend herumzufahren, und dafür behandeln Sie mich wie den letzten Dreck! In der Kälte muß ich hier auf Sie warten, und jetzt ist auch noch der Motor meines Wagens ruiniert!" Da wurde meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt. Vor meinen Füßen, am Ende des Fußraums, entstand eine Öffnung, aus der Licht auf meine Schuhe und Hosenbeine fiel. Ich verdrehte meinen Körper, um hinunterschauen zu können. In der Öffnung tauchte ein Kopf auf. Das Gesicht war nicht zu erkennen, da die Lichtquelle sich dahinter befand. Eine angenehme weibliche Stimme sprach mich mit meinem Namen an. Ich beugte mich hinunter, so weit ich konnte, und grüßte freundlich. Die Frauenstimme teilte mir mit: "Entschuldigung! Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte, folgen Sie mir."
"Wohin?" entgegnete ich. "In den Motorraum? Wie soll das gehen?"
"Sie werden sich schon hier herunter bemühen müssen."
"Wer sind Sie?"
Darauf erhielt ich keine Antwort. Der Chauffeur schien indessen von all dem nichts zu bemerken, sondern setzte seine Anklagerede unentwegt fort. Dabei nahm er ebenso wenig Notiz von meinem Tun wie ich von seinen Worten.
Um zu befolgen, wozu mich die sympathische Frauenstimme aufgefordert hatte, mußte ich mit dem Kopf voran in den Fußraum kriechen. Dazu war es nötig, daß ich vorher die Beifahrertür öffnete, ausstieg, den Sitz so weit wie möglich zurückschob und mich dann in die Höhlung zwängte. Die im Fußraum entstandene Öffnung war von mildem Licht erfüllt. Ich streckte den Kopf hinein. Vor mir sah ich den unteren Teil eines Beifahrersitzes, der aussah wie der hinter mir. Langsam kroch ich immer weiter in das Loch und somit in den Fußraum eines anderen PKW. Bald war ich in der Lage zu erkennen, daß es der exakt gleiche Wagen war wie derjenige, aus dem ich soeben kam. Unter mühseligen Verrenkungen schaffte ich es auf den Beifahrersitz. Alles sprach dafür, daß der Chauffeur von dem aufgetretenen Fehler so wenig mitbekommen hatte wie davon, auf welchem Wege ich in den Wagen gelangt war.

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Aus meiner Zeit als Witzzeichner

  


 

Der Nichtautofahrer

Als ich Mitte zwanzig war, hatte ich eine Freundin, die mich zu verlassen drohte, weil ihr das ortsgebundene, ereignislose Leben mit mir zu langweilig war. Das stürzte mich in Verzweiflung, und ich unternahm kopflose Anstrengungen um zu retten, was überhaupt nicht zu retten war. Die absurdeste Ausgeburt unter meinen Panikreaktionen war der Entschluß, den Führerschein zu erwerben, um als Autofahrer der mobilitätssüchtigen Dame etwas bieten zu können. »Not kennt kein Gebot«, sagte ich mir. Aus freien Stücken hätte ich es nie unternommen, denn mir war längst vollkommen klar, daß ich nicht nur zum Nichtraucher, Nichttänzer und Nichtsportler, sondern ebenso zum Nichtautofahrer geboren war. Es ruht kein Segen darauf, die eigene Natur gewaltsam zu unterdrücken, doch so töricht ist der junge Mensch, daß er aus Angst vor den Konsequenzen seines Soseins lieber den zwanghaftesten Entartungen Vorschub leistet. Also meldete ich mich zum Fahrunterricht an. Ich kam mir vor wie ein eingeschleuster Agent, der eine Sekte oder das Schulungszentrum einer feindlichen Macht ausforschen soll, eher noch wie ein Außerirdischer. Den Theoriestunden sah ich mich halbwegs gewachsen, jedenfalls konnte ich das mühsam Gelernte bis zur theoretischen Prüfung behalten, die ich sogar als einziger ohne Fehler bestand. Unmittelbar danach hatte ich alles wieder vergessen.

In der Fahrpraxis hingegen vermochte ich nicht einmal solche kurzzeitigen Lernerfolge aufzuweisen. Schon beim Lenken stieß ich entschieden an meine Grenzen. Wie soll ein Mensch überhaupt gleichzeitig lenken, schalten, Pedale treten, auf Verkehrsschilder, Ampeln und den Straßenverkehr inklusive Fußgänger und auf die Fahrbahn stürzende Gegenstände achten können? Problematisch war, neben meiner unbestrittenen Unfähigkeit, auch das mangelnde didaktische Geschick des Fahrlehrers. Daß ich nicht auf Anhieb so sicher fahren konnte wie er, machte er mir grob zum Vorwurf, anstatt mir schonend und einfühlsam über die so wenig artgerechte Hürde zu helfen. Mehr als einmal ließ er mich »rechts ran« fahren, um mich schreckensbleich zu fragen: »Wissen Sie, daß wir jetzt beide tot sein könnten?« Was er damit meinte, verstand ich nicht, aber es irritierte mich. Es kam soweit, daß ich ihm das Lenken, Schalten etc. ganz überließ, da es sich dann viel angenehmer fuhr, und ich mich wesentlich ungestörter mit ihm unterhalten konnte. Wie angeregt pflegten wir immer zu philosophieren! Wir waren uns einig darin, daß die Welt nichts tauge. Als Gesprächspartner schätzte er mich sehr, als Fahrschüler weniger. Bestimmt hat er deshalb später auch auf sein Honorar verzichtet.

Der technische Vorgang des Autofahrens vermochte mich nie zu überzeugen, bis heute nicht. Dieser Firlefanz mit den Pedalen, die auseinanderhalten soll, wer will! Gerechter Gott! Muß das denn so umständlich zugehen? Ganz und gar unbegreiflich waren und sind mir auch diese vielen verschiedenen »Gänge«. Was soll das? Ich persönlich hatte in dieser Hinsicht noch Glück, denn ich sollte auf einem sogenannten Automatik-Wagen lernen, und das leuchtete mir prinzipiell schon eher ein. Trotzdem gab es immer noch mehr als genug, was ich falsch machen konnte.

Die unzufriedene Freundin fragte mich zwischendurch: »Wann hast du denn endlich deinen Führerschein?« Ich traute mich nicht aufzubegehren, sondern versuchte monatelang, das instinktive Wissen um die letztendliche Unsinnigkeit meines Beginnens heroisch zu leugnen. Erst während der dreißigsten Fahrstunde, als ich »rückwärts einparken« lernen sollte, fand ich endlich zu mir selbst zurück. Mir platzte der Kragen und ich stieg aus. Nie wieder habe ich mich ans Steuer gesetzt. Hätten nur mehr Menschen diese Größe!

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Verworfene Skizze aus dem Frühwerk 

 


Wenn ich einen Film drehen würde, dann über Menschen, die unsichtbar werden, sobald sie einschlafen. Ob solche Menschen nicht auch unsichtbar würden, wenn sie in Ohnmacht fielen? Und was wäre bei Vollnarkose? Wie soll man Personen operieren, die unsichtbar sind? Ein wahrhaft interessantes Thema!

 

 

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 Beim Komponieren (1981) 


 

Fragment  

Auf dem Hausflur war leises Harmoniumspiel zu hören. Der Bürovorsteher führte mich zum hinteren Bereich des Erdgeschosses. Dort überwogen andere, wie mit primitiven Blasinstrumenten erzeugte, Geräusche.  „Bitte, hier hinein“, sagte der Bürovorsteher, indem er die Tür am Ende des Flurs öffnete. Ich erblickte einen mit leidend zitternder Stimme psalmodierenden Menschen und sonst nichts.  „Ja, ja“, gab der Bürovorsteher schuldbewußt zu, „ich habe Sie belogen. Aber Sie werden mir noch danken, wenn Sie erst verstehen, weshalb ich es tun mußte. Vielleicht auch nicht.“ Der psalmodierende Mensch jonglierte mit kleinen Hunden, schlug ohne jedes Taktgefühl eine Trommel und platzte zuletzt. Dabei entstand glücklicherweise keine Verunreinigung des Raums, sondern nur anhaltendes Schnarchen. Ich fiel stehend in tiefen Schlaf. Bei meinem Erwachen nach etwa zwei Stunden fühlte ich mich gut ausgeschlafen.   

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Erinnerung an Wuppertal 

Im Alter von zwanzig Jahren zog ich nach Wuppertal, der Welthauptstadt des Free Jazz. Damals ist jeder aus diesem Grund nach Wuppertal gezogen. In der Region hat der Free Jazz viele bis zum heutigen Tage bestehende Arbeitsplätze geschaffen, und einen davon bekam ich. "Wo Free Jazz ist, da ist auch massenhaft Geld", hieß es immer, was, wovon ich mich überzeugte, zweifellos den Tatsachen entsprach. Man verdiente ausgesprochen gut in diesem Bereich. Das war das eine, ein anderes hingegen waren die Irritationen, die das Stadtleben mit sich brachte. Aber allzu viele Gedanken konnte ich mir nicht darüber machen, dazu beschäftigte mich die Arbeit, die der Free Jazz machte, viel zu sehr. So war das damals. 


 

Die Leichtverletzten lachten eine halbe Stunde lang.

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Der neue Spielgefährte

 



Trost

"Sprachbegabungen vergehen", rief der Leichenredner am offenen Grab der allgemeinen Sprachkompetenz, "doch was uns bleiben, sind das Nebeneinander zwischen Leben und Tod." Dann wurde das Loch zugeschaufelt.

 


 

 

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Reih Dich ein, Kollegin Yasmin Fahimi!

Reih Dich ein, Kollegin Yasmin Fahimi!

Als Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes hast Du zum Tag der Arbeit naturgemäß bessere Bedingungen für Beschäftigte gefordert und die Tarifflucht vieler Arbeitgeber/innen missbilligt.

Dass Du bei der zentralen DGB-Kundgebung in Hannover die historische Bedeutung der Gewerkschaften nicht gerade kleinreden würdest, war uns klar. Dass Du jedoch richtig pathetischen Unfug zum Besten gabst, indem Du zum Beispiel sagtest: »Tarifverträge machen Beschäftigte zu freien Menschen in der Arbeitswelt« – das verblüfft uns dann doch ein wenig.

Selbstverständlich sind Tarifverträge besser als keine Tarifverträge, aber machen sie frei? Sind es nicht eher Massenentlassungen und betriebsbedingte Kündigungen, die unfreie Beschäftigte in der Arbeitswelt zu freien Menschen machen? Und wäre es nicht Deine Pflicht als Gewerkschaftsvorsitzende, diese Freiheit durch Arbeitskämpfe und Tarifverträge so lange zu beschneiden, bis die Revolution die Werktätigen tatsächlich befreit?

Es lebe in der Zwischenzeit natürlich dennoch die Arbeitereinheitsfront, singt Dir Titanic

 Wir haben da eine Idee, FiniBee!

Ihr seid »Frankfurts erstes Powerbank Sharing Startup« und versprecht mit Euren Ladestationen schnelle Abhilfe, wenn man mal mit fünf Prozent Restladung auf dem Telefon vor dem Kiosk steht.

Da uns genau das jetzt passiert ist, sind wir zur Powerbank-Station geschwirrt und hatten im Handumdrehen wieder Saft: nur schnell den QR-Code scannen, die App installieren, die eigene Telefonnummer eintippen, ein Passwort ausdenken (»AarghGleich3%«), ein Bezahlverfahren einrichten, einen anderen QR-Code scannen, den richtigen Aufstellort per Kartenansicht suchen, ein paar Knöpfe drücken und schon die rettende Leihbatterie entnehmen. Puh!

Wenn Ihr jetzt noch die Spannung, die der Wettlauf zwischen Telefontod und Ausleihe in uns erzeugt, direkt zur Energiegewinnung nutzen könntet, hättet Ihr eine komplett ökologische Lösung ganz ohne Powerbanks gefunden!

Geladene Grüße von Titanic

 Aha, Altkanzler Schröder-Gerd!

Aha, Altkanzler Schröder-Gerd!

Im großen Bunte-Interview haben Sie das Geheimnis Ihrer Gesundheit preisgegeben: Gute Ernährung mit Obst, Nüssen und Hafermilch, Currywurst und Wein dagegen nur noch selten. Doch auch Ihre politische Einstellung scheint bei Ihrer Frische eine Rolle zu spielen. Die Vermutung der Bunten, dass Sie sich langweilen würden, wenn »Ruhe einkehren würde«, sei nicht ganz falsch: »Wahrscheinlich würde mir die Herausforderung fehlen, wenn sich keiner mehr an mir reibt.«

Also deshalb, Schröder, stehen Sie seit Jahrzehnten unverbrüchlich an Putins Seite – damit dessen Kritiker/innen Ihnen ordentlich Feuer unterm Hintern machen und Sie schön den Puls oben halten können!

Wird einiges klar: Titanic

 Grüezi, Berner Kantonalbank!

Du verfügst über eine Bilanzsumme von 39,9 Milliarden Franken und investierst einen Teil davon in eine Werbeagentur, die sich für Dich Ein-Wort-Slogans wie »Wohlatility« oder »Globewürdigkeit« ausdenkt.

Dabei handelt es sich wohl um den Versuch, den Jargon der internationalen Finanzwelt mit positiv besetzten und vertrauenerweckenden Begriffen zu verknüpfen. Aber warum hier aufhören? Es warten doch noch so viele mögliche Wortspiele! Wie wäre es zum Beispiel mit »Kumpeliance«, »Nett worth« oder »Boniständigkeit«?

Rechnung ist unterwegs von Deiner Titanic

 Verstörend, Tschetschenien!

Dein Kultusministerium hat Musik unter 80 und über 116 Beats pro Minute verboten. So soll Deine traditionelle Musikkultur bewahrt werden. Diese Maßnahme hätten wir gerade von Dir autoritär geführter und unter Putins Fuchtel stehender russischer Teilrepublik am allerwenigsten erwartet. Dass Du Deine Musiker/innen dazu zwingst, kompositorisch ihrem Kulturkreis treu zu bleiben, ist schließlich nichts anderes, als kulturelle Aneignung unter Strafe zu stellen. Da haben wir jahrelang dagegen andiskutiert und sie als rechtes Hirngespinst abgetan, um jetzt feststellen zu müssen: Es gibt sie doch, die Woke-Diktatur!

Senden hoffentlich weder zu schnelle noch zu langsame Grüße:

Deine politischen Beobachter/innen von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Falscher Titel

Kürzlich habe ich einen Brief meiner ehemaligen Universität erhalten, dass ich mich, da ich in meiner Abschlussarbeit in Gletscherwissenschaften plagiiert haben soll und mir mein Titel nun aberkannt wird, fortan bitte nicht mehr Glaziologe, sondern lediglich Halbglaziologe nennen soll.

Ronnie Zumbühl

 Neuer Schüttelreim

Soeben in fünf Minuten erzwungener Wartezeit vor dem Limette-Minze-Mandarine-Aufguss die ausführliche Saunaordnung meines Stadtteilschwimmbades an der Wand studiert. In dem peniblen Regelwerk unter anderem erfahren, dass in den Räumlichkeiten neben Wäschewaschen und anzüglichen Bemerkungen auch Kratzen und »Schweißschaben« verboten sind, was immer das sein mag. Sofort Gedichtidee gehabt: »Wer denkt sich ein Wort aus wie Schweißschaben? / Das waren bestimmt diese« – na, ihr könnt es euch ja denken.

Mark-Stefan Tietze

 Verrücktes Kapitalismus-Experiment

Was würde wohl passieren, müssten alle Soldaten ihre Munition selbst bezahlen?

Katharina Greve

 Gute Aussichten

Für mich ist es ganz wichtig, auch im Alter neugierig zu bleiben. Darum habe ich mir ein neues Kissen für mein Fensterbrett geleistet.

Uwe Becker

 Für Ethnologen

Gibt's so was wie Brautstraußfangen auch bei Begräbnissen?

Wolfgang Beck

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »POLO«
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Hans Traxler: »Die Dünen der Dänen«
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom Ich«
01.06.2024 Hamburg, Altonale-Festival Ella Carina Werner