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TITANIC Meinung: Gabriels Schulzbehauptung

von Michael Ziegelwagner

Nun ist es offiziell. Was die Spatzen schon seit Monaten von den Dächern kotzen, ist seit gestern Realität: Martin Schulz wird SPD-Kanzlerkandidat. Damit ist die Katze aus dem Sack, das Kartenhaus liegt vollkommen devastiert auf dem Tisch. Wer jetzt überrascht ist, muß ein Volltrottel sein. Doch der Reihe nach.

In der Politik gibt es Trends, die klar sichtbar zutagetreten – zumindest für Experten. Geübten Beobachtern (wie z.B. mir) fällt es auf, wenn sich Dinge wiederholen. Wenn ungeschriebene Regeln zu grellen Mustern anwachsen, werde ich hellhörig. So habe ich beispielsweise – nur durch gezielte Beobachtung, durch scharfes Hinschauen – herausgefunden, daß in jedem Kalenderjahr ein Altbundespräsident sterben muß. 2015 traf es Richard von Hefeweizen, 2016 hieß das Opfer Walter Scheel, und 2017, vor wenigen Tagen erst, mußte Romy Herzog ins bittere Grab beißen. 2018 ist Gauck dran.

Wir tun also gut daran, einen Schritt zurückzutreten und die Dinge aus der Entfernung zu betrachten. Dann sehen wir etwa, daß die SPD seit mittlerweile 23 Jahren ausnahmslos Männer in die Bundestagswahl schickt, deren Namen mit einem S beginnen: Scharping 1994, Schröder 1998, Schröder II 2002 und 2005; Schteinmeier 2009, Schteinbrück 2013. Vor die Auswahl gestellt, Gabriel oder Schulz zu erkiesen, mußten sich die Sozialdemokraten natürlich – wie unter Zwang, wie behext – für Schulz entscheiden, den Mann mit dem S vorne dran. Sie können nicht anders. Sonst hätten sie schließlich bewiesen, etwas aus ihren vielen Niederlagen gelernt zu haben. 2021 wird der Kandidat der S(!)PD deshalb auch entweder Bürgermeister Scholz heißen oder Manuela Schwesig bzw. Ulla „Helmut“ Schmidt; im Rennen sind auch noch die Ministerpräsidenten Sieling (Bremen) und Sellering (Woiwodschaft Kongreßpolen), da hat sich die Weltregierung noch nicht endgültig entschieden.

Diesmal aber: Schulz. Politische Kommentatoren aller Richtungen stellen sich nun alle dieselben Fragen: Kann er Kanzler? Hat er Chance? Ist Journalisten-Kopfi aua? Dreimal nein. Denn daß die Wahl 2017 für die Sozialdemokratie verlorengeht, ist schon jetzt so klar wie Hechtsuppe. Die Gegnerin heißt schließlich CDU. Und die fährt die entgegengesetzte Schiene, die sogenannte „M-Strategie“: Ihre Kanzlerkandidaten beginnen seit bald zwölf Jahren ausnahmslos mit einem M: Merkel (2005), Merkel (2009), Merkel (2013, nicht verwandt), Merkel (2017), Merkel. Mundus vult decipi. Merkel. Hüten wird sich die oral-, Quatsch, erfolgsverwöhnte Bundeskanzlerin vor parteiinterner Konkurrenz der S-Klasse, auch wenn diese Rivalen so erdig und basisverwurzelt sind wie der Schäuble-Wolfgang oder der Stalin-Sepp.

Und Gabriel? Bleibt als Ehrenmann in Erinnerung. Seine Bilanz ist glänzend wie ein Streifen Schweinespeck. Er hat Respekt verdient, keine albernen Dicken- und Essenswitze. Nicht zuletzt seiner Amtsführung als Wirtschaftsminister ist es zu verdanken, daß die Supermarktkette Kaiser's-Tengelmann heute achtzehn Sorten Leberwurst führt anstatt, wie früher, nur sieben (Achtung, drittletzter Dickenwitz in diesem Artikel!). Gabriel, der jetzt das Amt des Bundesjausenministers übernehmen wird (vorletzter Witz), möchte nicht wie der Elefant im Porzellanladen abtreten (das ist kein Dickenwitz, das ist ein Tierwitz, einen hab ich also noch), er möchte nichts anderes als seine Ruhe haben, für seine junge Familie dasein und jeden Tag fressen, fressen, fressen, bis er explodiert (das ist überhaupt kein Witz, das ist nur eine haltlose Vermutung). Seine Erbschaft heißt Schulz. So, wer schreibt diesen Artikel jetzt zu Ende? Der Typ dort drüben vielleicht, der Blasse mit den Koteletten – hallo, hierher, junger Mann! Schnappen Sie sich mal einen Stift, Freundchen, und überlegen Sie sich eine fetzige Schlußsentenz!

Kategorie: Meinung



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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grüß Gott, Söder!

Grüß Gott, Söder!

Wie schlossen Sie Ihr Statement vor dem israelischen Generalkonsulat in München, wenige Stunden, nachdem ein 18jähriger mit einem Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett auf dieses geschossen hatte und daraufhin von der Polizei erschossen worden war? Sie sagten: »Nochmals vielen Dank an alle Beteiligten!« Der Hauptbeteiligte, das war freilich der Attentäter – Ihre Danksagung lässt also tief blicken! Denn was täten Sie ohne durchgeknallte Islamisten mit anachronistischer Bewaffnung, die vom Rückstoß eines historischen Repetiergewehrs beinahe umgeworfen werden und von Ihrer Polizei spielend leicht umgenietet werden können?

Aber Obacht! Nicht dass Sie sich beim nächsten Mal zu noch offenherzigeren Reaktionen hinreißen lassen und zum Abschluss »So ein Tag, so wunderschön wie heute« anstimmen. Könnte möglicherweise missverstanden werden!

Meint Titanic

 Wenn Sie, Micky Beisenherz,

als Autor des »Dschungelcamps« gedacht hatten, Sie könnten dessen Insass/innen mit einer Scherzfrage aus der Mottenkiste zu der Ihnen genehmen Antwort animieren, dann waren Sie aber so was von schief gewickelt; die RTL-»Legenden« wollten Ihnen nämlich partout nicht den Gefallen tun, auf die Frage, womit sich Ornitholog/innen beschäftigten, einfach und platterdings »mit Vögeln« zu antworten.

Stattdessen kamen: »Was ist das denn?« oder »What the fuck …?«. Dafür zu sorgen, dass so aus Ahnungslosigkeit ein Akt des Widerstands gegen Ihre idiotische Fangfrage wurde, das soll Ihnen, Beisenherz, erst mal jemand nachmachen.

Mit der Ihnen gebührenden Hochachtung: Titanic

 Tatütata, LKA Niedersachsen!

»Ganz viel Erfolg morgen bei der Prüfung, liebe Karin«, sagt angeblich das gesuchte ehemalige RAF-Mitglied Burkhard Garweg gut gelaunt in einem Video, das bei der Fahndung im Presseportal unter der Rubrik »Blaulicht« veröffentlicht wurde. Die Fahnder/innen erhofften sich dadurch, so heißt es, neue Hinweise, und richten sich deshalb mit den Fragen an die Bevölkerung: »Wer ist ›Karin‹ bzw. ›Carin‹?« und: »In welchem Zusammenhang steht sie zu Burkhard Garweg?«. Schön und gut, da möchten wir nach einem derartigen Cliffhanger nun aber auch die Frage hinzufügen: Wie ist Karins Prüfung denn nun eigentlich gelaufen?

Hinweise an Titanic

 Hmmm, Aurelie von Blazekovic (»SZ«)!

Am Abend der Wahlen in Thüringen und Sachsen hatte die ZDF-Chefredakteurin Schausten dem 1. September 2024 den 1. September 1939 an die Seite gestellt, und dazu fiel Ihnen dies ein: »Das Dämonisieren von Rechtspopulisten hatte bisher keinen Erfolg. Egal, wie richtig es ist, dass die AfD gefährlich, radikal, extrem ist. Politiker, Journalisten, Demokratieverteidiger können das immer noch lauter und lauter rufen – aber es bringt nichts. Die berechtigten Warnungen sind inzwischen leere Formeln. Die Wahlergebnisse der AfD sind immer besser geworden, der Trotz immer erheblicher. Die Tatsache, dass sie sich beständig als Opfer von Medien inszenieren kann, hat der Partei genutzt. Es ist nicht die Aufgabe von Bettina Schausten, die AfD kleinzukriegen, sondern die der anderen Parteien. Sie sollten mal über den Tim-Walz-Weg nachdenken. Ist Björn Höcke etwa nicht weird

Ist er. Hitler war es auch, und ihn als »Anstreicher« (Brecht) oder inexistenten Krachmacher (Tucholsky) zu entdämonisieren, hat bekanntlich so viel gebracht, dass diese Sätze nie haben fallen müssen: »Man hat mich immer als Propheten ausgelacht. Von denen, die damals lachten, lachen heute Unzählige nicht mehr, und die jetzt noch lachen, werden in einiger Zeit vielleicht auch nicht mehr lachen.«

Wegweisend winkt Titanic

 Gut gehobelt, Noemi Molitor (»Taz«)!

»Unser Handwerk im Journalismus ist die Sprache. Bei genau diesem Werkzeug lohnt es sich also, genau hinzuschauen und auch ethische Fragen an orthografische Regeln zu stellen.«

Die Sprache: Handwerk und Werkzeug in einem. Wird auch nicht besser mit dem Fachkräftemangel, wie?

Schaut genau hin: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Kurzzeitgenossen

Bei der Meldung zu Anton Bruckners 200. Geburtsjubiläum (4. September) und dem tags darauf sich jährenden Geburtstag Heimito von Doderers (5. September) mit Interesse bemerkt, dass beide Herren im Jahr 1896 kurz gleichzeitig am Leben waren: nämlich fünf Wochen und einen Tag lang, von Klein-Heimitos Entbindung bis zu Bruckners Tod am 11. Oktober. Solche ganz knapp verpassten Möglichkeiten der Seelenwanderung faszinieren mich. Was wäre gewesen, hätte man Doderer etwas später zur Welt gebracht, wäre Bruckners Geist schon ein paar Wochen früher »frei« gewesen? Hätte Wien / Ansfelden ein reinkarniertes Doppeltalent Heimtoni von Brucknerer überhaupt ausgehalten, hätte die literarisch-musikalische Welt unter dem Eindruck der »Strudlhofsinfonie«, des »Rondo in c-Moll für Streichquartett und einen Merowinger« (Alternativtitel: »Die tonale Familie«) oder der kurzen vierstimmigen Motette »Die Peinigung der Orgelpfeifelchen« vor Entzücken und Überwältigung alle viere von sich gestreckt, aufgegeben und ihren Kulturbeutel auf immerdar zusammengepackt? – Dass das Spekulieren über solche vergeigten Leider-nicht-Seelenwanderungen nur sehr ausnahmsweise Sinn ergibt, dämmerte mir aber, als ich ad notam nahm, mit welchen Gruselgestalten und potentiellen Reinkarnationsgefäßen seinerseits Doderer seine allerletzten Tage im Herbst 1966 verbringen musste: Stefan Raab (*20.10.66), David Cameron (*9.10.66), Caroline Beil (*3.11.66) und sogar noch haarscharf David Safier (*13.12.66, »Miss Merkel – Mord am Friedhof«; »Der kleine Ritter Kackebart«). Dann schon lieber die Seele mit in die Hölle nehmen.

Michael Ziegelwagner

 Jeder kennt ihn

Die Romantrilogie auf der Geburtstagsfeier, das Raclettegerät auf der Taufe, die Gartenfräse zur Beerdigung: Ich bin der Typ in deinem Bekanntenkreis, der dir geliehene Sachen in den unmöglichsten Situationen zurückgibt.

Leo Riegel

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

Sebastian Maschuw

 Obacht!

Die Ankündigung von Mautgebühren ist furchterregend, aber so richtig Gänsehaut bekomme ich immer erst, wenn bei Google Maps als »Warnhinweis« auftaucht: »Diese Route verläuft durch Österreich.«

Norbert Behr

 Im Unterzucker

Wenn man sich bei seinem Lieblingsitaliener keine Pizza bestellen kann, weil man nicht alle Vespas auf den Fotos gefunden hat – liegt das dann am nicht bestandenen Turin-Test?

Lara Wagner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
11.10.2024 Coesfeld, Stadtbücherei Gerhard Henschel
12.10.2024 Bad Lauchstädt, Goethe Theater Max Goldt
12.10.2024 Freiburg, Vorderhaus Thomas Gsella
12.10.2024 Magdeburg, Moritzhof Hauck & Bauer