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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Post von Gärtner

Es ist ja nicht so, dass ich nie den Wirtschaftsteil läse, schon wegen unserer Performerinnen und Start-upper: „Wenn Oliver Kray von Herausforderungen spricht, sagt er das englische Wort ,Challenge’. Adressen, zum Beispiel, können so eine ,Challenge’ sein, weil es doch nicht sein kann, dass man sie heute, in Zeiten von Smartphones, immer noch braucht, um Post zu verschicken. ,Wer weiß denn heute noch die Straße, Hausnummer und Postleitzahl seiner Freunde?’, fragt Kray“, und ich sage: Ich, aber ich werde nicht gefragt, und also antwortet das Morgenblatt mit immerhin etwas Ironie: „Niemand, natürlich, und das ist gerade die Challenge, schließlich ist Kray Gründer von My Postcard, einem Start-up, das per App“, womit auch sonst, „die gute alte Postkarte wiederbeleben möchte.“

Und das geht dann so, dass man per App seine eigene Postkarte gestalten (oder sagen wir besser: kreieren) kann, mit eigenen Fotos, aber „man findet auch ganz klassische Postkartenmotive, den Eiffelturm, die Brooklyn-Bridge, Positano. Kray hat die Lizenzen von Verlagen gekauft, und nun kann man die Bilder mit eigenen Fotos mischen. ,Wir sind die Postkarte, die du wirklich willst’“, und für 1,99 Euro wird sie dann auch noch verschickt, so dass man seinen Arsch vom Pool schon gleich gar nicht mehr wegheben muss.

Die Frage: Was soll das? ist natürlich in unserer herrlichen App-Welt dumm und völlig falsch gestellt, denn das freshe Challenge-Unternehmen verschickt bereits zwei Millionen Stück im Jahr, so dass, wer in Zukunft Urlaubspost bekommt, nicht mehr handschriftliche Grüße auf wunderbar austauschbaren Postkartenmotiven findet, sondern austauschbar Selbstgemachtes, nur ohne die Handschrift, als wäre die Handschrift auf der guten alten Postkarte nicht das Selbstgemachteste schlechthin. Im übrigen ist es freilich Schwachsinn, Postkartenmotive selbst zu fotografieren, denn wer sich daheim das Colosseum ansehen will, kann sich einen Bildband kaufen, und wenn ich sehen will, dass jemand anderes das Colosseum gesehen hat, reicht mir das Colosseum auf der Ansichtskarte, die ja viel mehr verrät als das stumpf gewordene „Ich war da“ und die Fähigkeit des Absenders, Handyfotos zu machen. Die Ansichtskarte als solche spricht die Sprache ihres Ortes, in Bildauswahl und Beschriftung, und wenn eine Freundin, sagen wir, in Burkina Faso ist, dann will ich doch wissen, wie die Ansichtskarten in Burkina Faso aussehen und nicht, wie kreativ die Freundin ist, zumal da, wie jeder weiß, ein Ansichtskartentext bereits als genügend große kreative Herausforderung zu gelten hat.

„Um diese Zeit wurde die Fahrt für mich langsam zu einer Art Delirium, nach der nervösen halbwachen Nachtfahrt, der putzigen Schweiz, dem verlodderten Norditalien, dazwischen ein paar Postkarteneindrücke der Seen, und ich habe gemerkt, dass diese Fahrt eine Ochsentour ist. – Der Eindruck einer allgemeinen Verkommenheit war überhaupt nicht wegzudenken.“ Brinkmann, 1972

Die Ansichtskarte ist ein Versatzstück, aber ein offenes, ein augenzwinkernder Verweis auf die Austauschbarkeit des Reiseerlebnisses, auf nämlich „die ewigen Ramblas von Prag“ (Gunnar Homann: Sabbatical, München 2017, sehr gute Reiselektüre übrigens); eine „individuell“ gestaltete Ansichtskarte ist bloß ein Widerspruch in sich und ein Hinweis darauf, dass auch hier keine Distanz, keine Ironie mehr walten soll, wo sich noch der stumpfste Urlaub als gottweißwie individuell und kreativ verkauft. Im übrigen ist auf Urlaubsgrüße von Leuten gepfiffen, die es „viel zu kompliziert“ (Challenge-Kray) finden, sich um „Stift, eine Marke und auch einen Briefkasten“ zu bemühen, und deren Gruß sich bloß zerstreuungssüchtiger Smartphone-Daddelei verdankt.

Aber was rede ich; mir ist ja auch die E-Grußformel „LG“ suspekt. Denn wer „Liebe Grüße“ ehrlich meint, der schreibt sie hin, und wer nicht, der lasse es. It’s the form, stupid, aber wenn irgend etwas heutzutage in den Wind gesprochen ist, dann das.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Recht haben Sie, Uli Wickert (81)!

Die Frage, weshalb Joe Biden in seinem hohen Alter noch mal für das Präsidentenamt kandidiert, anstatt sich zur Ruhe zu setzen, kommentieren Sie so: »Warum muss man eigentlich loslassen? Wenn man etwas gerne macht, wenn man für etwas lebt, dann macht man halt weiter, soweit man kann. Ich schreibe meine Bücher, weil es mir Spaß macht und weil ich nicht Golf spielen kann. Und irgendwie muss ich mich ja beschäftigen.«

Daran haben wir, Wickert, natürlich nicht gedacht, dass der sogenannte mächtigste Mann der Welt womöglich einfach keine Lust hat, aufzuhören, auch wenn er vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe ist. Dass ihn das Regieren schlicht bockt und ihm obendrein ein Hobby fehlt. Ja, warum sollte man einem alten Mann diese kleine Freude nehmen wollen!

Greifen Sie hin und wieder doch lieber zum Golfschläger statt zum Mikrofon, rät Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg