TITANIC-Wut-Rubrik: Die offene Tür
Heute: Divad Husch (57) mit einem besorgten Zwischenruf zur Kommerzialisierung des Fußballs
Bei manchen Summen wird mir richtiggehend schwindelig: 57 Millionen, 72 Millionen, 81,5 Millionen, 100 Millionen, 135 Millionen, 150 Millionen, 172 Millionen, 189 Millionen, 222 Millionen, 1000 Trilliarden plus X ... Einfache Mittelschichtsangehörige mit weniger als zwei Millionen auf dem Konto können da nur mit dem Kopf schütteln. Ich schüttele gerade mit dem Kopf, aus Unverständnis, Verständnislosigkeit und auf Empfehlung meines Orthopäden, weil es gut für die Muskulatur des Gehirns ist. Früher ging es auf dem Fußballfelde noch um Sport, um Kameradschaft, um eisenharten Abnutzungskampf, um Blut, Schweiz (wenn es gegen die Eidgenossen ging) und Tränen, um Ruhm und Ehre. Heute ist das anders. Moneten statt Moral. Anfield statt Anstand. Ominöse Spielerberater ziehen im Hintergrund die Fäden, und der kleine Mann mit bescheidenem Segelflugzeug reibt sich verwundert die Augen und landet auf der Straße, weil der Flughafen Arnsberg auf Anweisung arabischer Investoren in ein Nachwuchsleistungszentrum von Paris Saint-Germain umgebaut wurde. Siebenjährige Buben aus dem Sauerland werden nun zu modernen Außenverteidigern gedrillt, statt im trauten Heim Blockflöte zu lernen und in der Kirchengemeinde körperliche Hingabe, hier aber ganz ohne finanzielle Hintergedanken. Traditionsvereine wie Germania Dattenfeld, Blutgrätsche Brandenburg und Teutonia Traben-Trarbach dümpeln in unteren Ligen, während der russische Oligarch finster lachend die nächste ergaunerte Milliarde nachschiebt und sich Brausekönig Matthias Mateschitz die klebrigen Hände reibt. Rasenballsport, dass ich nicht lache! Statt ehrlicher Bratwurst werden seelenlose Häppchen gereicht, statt Bier werden Flügel verliehen. Und wer ist der Leidtragende? Der einfache Stehplatz-Fan mit Feuer in Herz und Hand ("Bengalos"). Selbst VIP-Logen für die Mittelklasse sind nur noch erschwinglich, wenn man sie in der spielfreien Zeit über Airbnb vermietet, ein ziemlicher Aufwand, kann ich Ihnen sagen, die Putzfrauen nehmen ja mittlerweile fast 10 Teuro pro Stunde bzw. Arbeitstag. Kurzum: Der schnöde Mammon regiert allenthalben. Eine Entwicklung, die ich persönlich besorgniserregend finde und die es endlich einmal öffentlich anzuprangern gilt. Auch wenn es denkbar unpopulär ist, das Tabu zu brechen. Ich kann das aushalten.
◀ | Lindenstraße – so geht es weiter nach dem Aus in der ARD | TITANIC unterwegs | ▶ |
Newstickereintrag versenden…