Neue Serie: Die Lenden des Robert Habeck
50 werden – so fühlt sich das also an, dachte Robert Habeck am frühen Morgen des 3. September 2019. Er hatte erwartet, dass sich mit dieser Zahl etwas ändert in seinem Empfinden, aber er spürte, wie er erleichtert stöhnend feststellte, immer noch das vertraute Prickeln, als er die Jeanshose mit einem Ruck abstreifte. Seine große silberne Gürtelschnalle hatte ihm zuvor die schöne Journalistin von der Tageszeitung "Welt" mit nur einer Hand geöffnet. Sie war geblieben nach dem Ende der Überraschungssause, die Habecks grüne Genossen ihm, dem Parteivorsitzenden, zum runden Geburtstag in der Berliner Bundesgeschäftsstelle geschmissen hatten.
Nach und nach waren sie alle nachhause gegangen: der Cem, die Kathrin, die Annalena und zuletzt auch Jürgen, der DJ. Den ganzen Abend über hatte sich Habeck mit der "Welt"-Journalistin schon vielsagende, aber stille sexy Blicke zugeworfen, nachdem sie ihm gleich zu Beginn versehentlich ein Glas Sekt über seine Chelsea Boots geschüttet hatte. Jetzt glitt er mit seiner rechten Hand ihren Oberschenkel hoch und drückte sie mit der linken am unteren Rücken an sich. Sie atmete aus: "Und was ist mit deiner Frau?" Habeck fuhr mit seiner Zunge noch ein Stück den Hals der "Welt"-Journalistin hoch, küsste zart und hielt dann inne ohne aufzusehen: "Meine Frau und ich schätzen die Freiheit des anderen. Wir führen keine Verbotsehe." Er log nicht. Seine Frau hatte die Party noch vor Winfried Kretschmann verlassen, um an ihrem Roman weiterzuschreiben, und ihm, Habeck, noch viel Spaß gewünscht. Früher haben wir die Bücher gemeinsam geschrieben, dachte er für einen Moment melancholisch. Aber dann kam die Berliner Politik und lockte mit unzähligen Abenteuern.
"Das wollte ich hören, mach weiter", jauchzte die "Welt"-Journalistin wie von Habecks unerwartet liberalem Eros inspiriert. Habeck küsste heftiger und hielt sie fest an den Hüften, damit sie ihren BH sicher abnehmen konnte. "Lass dich fallen", summte er gelassen. Der olle Ströbele hatte ihm beim letzten Sauna-Mittwoch noch versichert, dass bei Springer nach wie vor nur Spießer arbeiten würden. Die Zeiten ändern sich, dachte Habeck und lächelte keck. "Was gibt’s zu grinsen?" fragte die "Welt"-Journalistin jetzt neckisch investigativ. Sie fasste ihn fest am Kragen und erst als sein Grinsen verschwunden war, lockerte sie ihren Griff und Habeck konnte sein Hemd über den Kopf ausziehen. "Hey du!" keuchte Habeck befreit luftholend. Er trug jetzt nur noch seine schwarze Boxer. "Sag mir, wie du es willst. Ich will dir alles geben, was du brauchst. Oder ich überrasche dich ..." Er blickte fest in ihre rehbraunen Augen, und als sie spöttisch, aber erregt "Dann zeig mal, du grüner Hengst!" flüsterte, nahm er die Pobacken der "Welt"-Journalistin lustvoll in die Hände. Sie griff nach hinten, wo am Ende des Kunstledersofas ihre Handtasche im schummrigen Licht lag. Habeck leckte gierig über das Schulterblatt, das sich ihm nun anbot. Sie drehte sich zurück, packte mit einer Hand fest in Habecks dichten Haarschopf und hielt ihm mit der anderen ein Kondom der Marke "Einhorn" hin. Ein Glück!, dachte Habeck spitz, die "Welt"-Journalistin war zwar offensichtlich Hedonistin, aber auch eine Safer-Sex-Anhängerin wie er selbst.
Er nahm die Verpackung am Rand zwischen die Schneidezähne. Als er gerade gleichzeitig mit einer Hand die Packung aufreißen und mit der anderen nach dem Slip der "Welt"-Journalistin tasten wollte, erinnerte er sich. Einhorn, da war doch was, dachte er. Per Flurfunk hatte er in den Fraktionsräumen vor einigen Tagen erfahren, dass die dynamische Berliner Kondom- und Tamponfirma angeblich mit Vertretern von Fridays for Future, einigen Junggrünen und der bekannten Sexpodcasterin Charlotte Roche ein Riesenevent für die Weltrettung plane. Im Berliner Olympiastadion! Als er weiters erfuhr, dass er bisher nicht als Speaker vorgesehen war, hatte er sich zum ersten Mal wie 50 gefühlt. Alt, abgeschrieben. War das Beste bald vorüber? War das Geilste erlebt?
"Was ist? Stimmt mit dem Gummi etwas nicht?" holte ihn die "Welt"-Journalistin aus seinen Gedanken zurück. Habeck warf das Kondom kurzentschlossen über seine Schulter: "Würde es dir etwas ausmachen, wenn wir heute beim Petting bleiben? Ich fühle mich..." – "Sag nichts", hauchte die "Welt"-Journalistin so einfühlsam, wie er eine Springer-Frau in all seinen Berliner Jahren noch nie erlebt hatte. Sie lächelte: "Aber Heavy Petting sollte es schon sein..." Habeck zwinkerte ihr zu und zog sie sich mit einem Mal auf seinen Schoss. "Wie könnte ich zu Heavy Petting nein sagen", säuselte er und ächzte steil auf, als ihm die "Welt"-Journalistin nicht ganz so leicht in den Hals biss.
Schon Jahre hatte Habeck nicht mehr geraucht, aber als sie zwei Stunden später auf der Dachterasse standen und auf die Sonne warteten, nahm er die Parisienne der "Welt"-Journalistin, als sie ihm die Zigarette für ein paar Züge hinhielt. Kurze Zeit später gingen sie auseinander, doch sie mussten sich vorher nichts versprechen und keine vielen Worte mehr machen. Beide wussten, dass man sich im politischen Berlin früher oder später wieder über den Weg laufen würde.
Moritz Hürtgen
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