Literatur aktuell
Mit seinem neuesten Roman legt der schwäbische Lustgreis Martin Walser (144) endlich sein lang erwartetes chef d'oeuvre vor. Was "Hurensohn", so der sprechende Titel des Werks, weit über frühere Bücher Walsers wie "Ein fickendes Pferd" oder "Mein spritzender Brunnen" erhebt, ist das verblüffende Namensvexierspiel, das der Autor auf fünfhundert Seiten mit seinen Lesern spielt. Daß die Hauptfigur des Romans, Anton von Schlugen, von seiner debilen Mutter Fini, genannt Gianfranco, nur Percy gerufen wird, ist noch ohne weiteres als Anspielung auf den völlig zu Recht vergessenen Göttinger Historiker Percy Ernst Schramm zu dechiffrieren. Und ebenso leicht läßt sich die Figur des Professor Feinlein als heimliche Verneigung vor Bruno von Querfurt und Gudrun Ensslin entschlüsseln. Doch auf welchen Dichter der altersgeile Walser mit der finsteren Gestalt des Arno Schmidt – dem gewalttätigen schwulen Ex-Mann von Percy Rhodans Mutter Elsbeth, genannt Hagen von Tronje, sprich: Margarethe von Trotta – verweisen möchte, das wird eigentlich erst in jenem Moment so richtig klar, in dem man auch zu verstehen beginnt, warum sich in dem Namen des geheimnisvollen Ewald Kainz nicht nur der erste Mörder der biblischen Geschichte (Ezechiel) verbirgt, sondern auch eine Pflanzenformation, die im wesentlichen aus Bäumen aufgebaut ist.
"Hurensohn" ist ein Meilenstein der deutschen Literatur. Wenn Sie zufällig von Lovenberg heißen und das Buch vor kurzem in der FAZ besprochen haben, dann sollten Sie es jetzt unbedingt lesen.
◀ | Die Geheimnisse der BND-Baupläne | Gedanken zur Frauenfußball-WM (5) | ▶ |
Newstickereintrag versenden…