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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Der Kampf gegen Gimpel

Ich weiß nicht, ob man sich den Autor dieser Kolumne als glücklichen Menschen vorstellen muß; ich weiß bloß, die freie Tagespresse arbeitet daran, daß ich es wirklich werde: „Drastisch zugespitzt“ habe sich die Situation in der Ukraine, wußte meine Morgenzeitung in neuerlich zugespitzter Besinnungslosigkeit, weshalb die Bundeskanzlerin drauf und dran sei, „Gesprächskanäle zu eröffnen“, nämlich feierlich mit Blaskapelle und goldener Schere: Hiermit eröffne ich den Gesprächskanal Berlin – Kiew; wie, Tage später, bei einem Thema von kaum weniger drastischer Tragweite geplärrt wurde, der Beruf der Erzieherin habe sich „dramatisch verändert“. Wohl wegen der vielen Kinder.

Bevor die werte Leserin, der werte Leser jetzt augenrollend weiterscrollt, weil er oder sie diese Beschwerde nun wirklich nicht mehr hören kann: Ich kann sie gleichfalls nicht mehr hören. Und muß sie trotzdem anbringen. Weil nur Kinder die Welt verschwunden wähnen, wenn sie die Augen schließen, und der Kraussche Verdacht, der Journalismus berichte nicht vom Ereignis, sondern sei dieses selbst, nichts von seiner Stichhaltigkeit eingebüßt hat.

Es ist deshalb nicht einfach nur ein ästhetisches Ärgernis, daß unsere Journalisten wie die Wurstel schreiben, die sie meistens auch sind: Die endlos reproduzierte Formatierung der Erfahrung von Welt zerstört bereits die Möglichkeit von Erfahrung. Nur der Verstand kann, mit Kant, „Erkenntnisprinzipien a priori an die Hand geben“, während externe „Ideen ... als regulative Prinzipien dienen“; in der Vermittlung dieser Vernunft mit seinem Verstand muß der Mensch nun seine Urteilskraft entwickeln, „deren richtiger Gebrauch so notwendig und allgemein erforderlich ist, daß daher unter dem Namen des gesunden Verstandes kein anderes, als eben dieses Vermögen gemeinet wird“.

„In einer Welt der Lüge wird die Lüge nicht einmal durch ihren Gegensatz aus der Welt geschafft, sondern nur durch eine Welt der Wahrheit.“ Kafka, 1918

Es muß nun nicht überraschen, daß zwischen „Ideen“, die es nicht gibt, sofern man mit ihnen keinen Leitartikel vollstrunzen kann, und einem Verstand, der von diesen Leitartikeln längst zu Tode reguliert ist, sich keine Urteilskraft entwickelt, die sich anders äußern könnte als im sturen Wiederholen von Wahrheiten wie z.B. jener, daß der Nationalsozialismus so etwas war wie ein Erziehungsprogramm ex negativo, dem sich das deutsche Volk unter schlimmen Opfern (Dresden) unterzogen hat, um die nächsten tausend Jahre als Weltgewissen aufzutreten. Bis zu einer Million Menschen sind bei der Belagerung Leningrads durch die deutsche Wehrmacht verhungert, und wenn meine Morgenzeitung das auf einer ganzen Seite bedauert, dann nicht ohne den abschließenden Hinweis, daß „viele Russen die Deutschen dafür bewundern, wie beispielhaft sie ihre eigene Geschichte aufgearbeitet hätten. Auf der russischen Seite liegt nämlich viel im argen. Wichtige Archive bleiben geschlossen. Zu einer Zeit, als Menschen Kleister von den Wänden aßen und Ledergürtel auskochten, als Mütter eins ihrer Kinder töteten, um die anderen zu retten, spielten rote Funktionäre in Leningrad Tennis. Um überschüssiges Fett wegzukriegen. Keiner wurde je belangt.“

Dies die dramatische Pointe aus dem ideellen Setzkasten: Während die Deutschen zu ihrem größten Bedauern eine Millionenstadt aushungern, unterschlagen Bolschewisten Speckseiten und werden, anders als die hundert und aberhundert verurteilten deutschen Nazis, für diesen Kindermord nie belangt. Drastische Extrapointe: Der Autor Tim Neshitov ist geboren ist St. Petersburg, als es noch Leningrad hieß. Und hat sich aber beizeiten den regulativen, mitunter schlicht obszönen Ideen der Deutschen Journalistenschule verpflichtet.

Der Kampf gegen Gipfel kann ein Menschenherz ausfüllen. Ich bin ein glücklicher Mensch.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg