Humorkritik | April 2007

April 2007

Witzige Wut

Es gibt keine menschliche Gefühlsregung, die nicht für Komik fruchtbar gemacht werden könnte; so auch die Wut. Gerade wenn sie sich an einer vermeintlichen Kleinigkeit ausläßt. Dann funktioniert die Wut in zweierlei Hinsicht komisch: Zum einen, wenn eine Figur mit ihr scheitert oder sich lächerlich macht; Großmeister hierin (wenn auch beileibe nicht nur hierin) ist sicherlich Gerhard Polt (»Was diese Hämorrhoidenpritsche sagt, das ist unter meinem Niveau!«). Zum anderen, wenn es gelingt, die Wut verständlich zu machen und den sich oft in Nebensächlichkeiten versteckenden Wahnsinn sichtbar. So arbeitet bevorzugt Lewis Black, ein in jüngerer Zeit immer erfolgreicher gewordener amerikanischer Stand-up-Comedian.

Black ist ein blasser, leicht übergewichtiger, schwitziger Kerl mit uncooler Brille, dessen Körpersprache ein umfassendes Unwohlsein ausstrahlt und der dazu ein aufgeregtes Augenflimmern kultiviert. Manchmal genügt es schon, daß er ein Thema benennt und echauffiert schnauft, um einen Lacher zu landen. Was nicht heißt, daß es ihm an Inhalten mangelt: Seine Wut entzündet sich an Alltäglichkeiten genauso wie an der großen Politik. Wobei Black stets einen sehr eigenen Blick entwickelt.

So behandelte er bei seinem HBO-Special vom letzten Jahr wie nicht wenige Komikschaffende den vorgeblichen Jagdunfall Dick Cheneys. Aber nicht der Umstand, daß der US-Vizepräsident einen Freund dabei anschoß, bringt Black in Rage, sondern die spezielle Freizeitbeschäftigung, bei der der Unfall sich ereignete: Cheney und seine Freunde hätten Wachteln gejagt, denen man eigentlich zu Fuß folgen könne, um sie einfach hochzuheben, und das auch noch in einem umzäunten Gebiet, bewaffnet mit Schrotgewehren. Dabei müßte man die Tiere doch eigentlich nur in eine Ecke scheuchen: »They turned a petting zoo into Auschwitz.«

Daß der bald sechzigjährige Black erst in den letzten Jahren zu Erfolg kam, dürfte auch mit der Regierungszeit George W. Bushs zusammenhängen. Die Wut auf ihn braucht Ventile. So ist es nur konsequent, daß Lewis Black mittlerweile ein wiederkehrendes Segment (»Back in Black«) in der »Daily Show« hat, die dank Comedy Central ja nun auch regelmäßig in Deutschland zu sehen ist.

 

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
18.04.2024 Berlin, Heimathafen Neukölln Max Goldt
18.04.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt