Humorkritik | April 2007

April 2007

"Extras 2" – extra lustig (Online only)

Mit der zweiten Staffel "Extras" ist Ricky Gervais ein rares Stück Fernsehen geglückt: Eine Sitcom à la bonheur, die gleichzeitig und schon sehr im Ernst von Wesen und Herstellungsbedingungen von Sitcoms erzählt; vermutlich mehr, als es eine Dokumentation könnte.

 

Ging es in der ersten Staffel lediglich um die glücklosen Erfahrungen Andy Millmans als Filmkomparse, der seinen Schauspielambitionen oft selbst im Weg steht, so erzählt die zweite Staffel eine Geschichte über die einzelnen Episoden hinweg: die Geschichte von Andy Millmans erster eigener Sitcom "When The Whistle Blows". Diese Sitcom ist sein Baby: Er hat sie geschrieben, er ist ihr Hauptdarsteller; er würde lieber alles hinwerfen, als auch nur die geringste Kleinigkeit ändern. Theoretisch. Am Set jedoch erwartet ihn nicht nur der Ausstatter der BBC mit funny wig und funny glasses, sondern auch sein Redakteur, der ihm bedeutet, er könne es sich aussuchen: Aufgeben, das vom Gebührenzahler hart verdiente Geld zum Fenster rauswerfen, seinen Ruf bei der BBC für alle Zeiten ruinieren und weiter jahrelang als Komparse im Hintergrund herumstehen – oder Kompromisse machen. Andy entscheidet sich für die Kompromisse, gibt seine Träume von avancierter Comedy auf, macht eine Old-School-Sitcom mit komischer Perücke und komischen dicken Brillengläsern und wird daraufhin von der Presse vernichtet, aber von leicht retardierten Fans in den Pubs geliebt.

 

Die zweiten sechs Folgen von "Extras" sind, mit anderen Worten, noch präziser, geschliffener, noch komischer geworden als die ersten sechs. Wieder beweisen große Hollywood- und andere Stars einen Sinn für Humor, den man ihnen vielleicht zugetraut, den man aber selten in Fernsehproduktionen umgesetzt gesehen hat (unter anderem David Bowie und Robert deNiro). Und wieder freut man sich, daß Gervais mit "The Office" nicht etwa seinen ersten und letzten Zufallstreffer gelandet hat (immerhin war er zuvor in Sachen Comedy ein absolut unbeschriebenes Blatt), sondern mit der zweiten Staffel "Extras" einen weiteren Viertausender im Comedy-Gebirge bezwungen hat. Vermutlich nicht seinen letzten.

 

"Extras" Series 2 ist jetzt auf DVD erschienen und per Import erhältlich.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt