Humorkritik | April 2007

April 2007

Grebes tanzende BWLer

»In Brandenburg, in Brandenburg/Ist wieder jemand gegen einen Baum gegurkt./Lassen Sie mich durch, ich bin Chirurg/Ich muß nach Brandenburg, nach Brandenburg«, singt ein melancholisch gestimmter Rainald Grebe am Klavier, und so wie diese Verse sanft zwischen Komik und Seelenwundheit schweben, so mag sich auch der bald 36jährige in seinen Liedern und Stand-up-Texten nie so recht auf einen durchgehenden Ton festlegen, der ihn zum Liedermacher, gar Kabarettisten oder – brrr! – Comedian machte.

 

Mit jeder Nummer seines Bühnenprogramms »Robinson-Crusoe-Konzert« schlägt er einen neuen Ton an, gibt sich erst albern mit einem Rauschebart aus Dichtungshanf, der mit einer Handbewegung aber zur parodistischen Schlagersängermähne wird, wird schnell mal cholerisch und im nächsten Moment traurig, um schließlich lakonisch zu enden: »Wenn BWLer tanzen/Wie soll man das nennen?/Man muß nicht nur feiern wollen/Man muß es auch können.«

 

Flüchtig sind seine Scherze, komische Gespinste, meist ohne Pointe, dafür mit Poesie, oft scharfe Beobachtungen der Dreißigjährigen, die sich schon allzu lebenssatt geben und doch Kinder ohne Eigenschaften sind (»Der Bernd hat so viel erlebt – der sollte schreiben!«, »Roher Fisch und kalter Reis mit Algen, das hätten unsere Eltern doch in den Müll getan!«). Nicht selten geht es auch gegen die Ostdeutschen und ihre Länder: »Thüringen: Goethe ist extra aus dem Westen hergezogen/David Bowie ist auch schon einmal drübergeflogen./Thüringen: Das Land ohne Prominente/Na ja gut, Heike Drechsler/Aber die könnte auch aus Weißrußland sein.«

 

Den Osten kennt der gebürtige Kölner und Wahlberliner Grebe ganz gut, denn er war einige Jahre Dramaturg, Schauspieler und Regisseur am Theaterhaus in Jena. Eine komische Solokarriere hatte er eigentlich gar nicht vor. Nun ist es allerdings zu spät: Sein zunehmender Erfolg hat ihm weit über das eine Jahr hinaus, das er sich als Komiker gegeben hat, Auftritte beschert, von denen einer zwischenzeitlich auch als Doppel-CD vorliegt (»Abschiedskonzert«). Außerdem erschienen sind: eine CD mit der Berliner »Kapelle der Versöhnung«, in denen die Poesie allerdings vor die Komik gestellt ist, und der leider eher unzugänglich-verquaste denn komische Roman »Global Fish« (Fischer tb). Grebes Heimat ist nämlich zweifellos die Bühne, und sollte er auf einer in Ihrer Nähe zu sehen sein: Gehen Sie schnell hin!

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
01.12.2023 Hamburg, Centralkomitee Hauck & Bauer
01.12.2023 Karben, Kulturscheune im Selzerbrunnenhof Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
02.12.2023 Itzehoe, Lauschbar Hauck & Bauer
03.12.2023 Kassel, Studiobühne im Staatstheater Kassel Ella Carina Werner