Humorkritik | April 2007
April 2007

Exzellente Maidt-Zinke
Mit seit Jahren stetig wachsendem Vergnügen lese ich die Rezensionen der Literaturkritikerin Kristina Maidt-Zinke, früher FAZ, jetzt Süddeutsche Zeitung: Diese Kritikerin könnte Walter Benjamin sich vorgestellt haben, als er forderte, daß ein Polemiker sich seinen Gegenstand zurüsten solle wie ein Kannibale einen Säugling. Sie kann auch rühmende und moderate Urteile überzeugend begründen, aber am lustigsten wird es, wenn sie sich zu einem Verriß entschlossen hat. Dann gibt es nur für den Verfasser nichts zu lachen. Zum Glück bin ich noch so gut wie nie anderer Meinung gewesen, aber selbst wenn ich es einmal wäre, hätte ich doch meine helle Freude an den blitzenden, schwungvoll vorgetragenen Messerattacken.
Eines der jüngeren Opfer ist Helmut Kraussers Roman »Eros«. Der Autor, schreibt Maidt-Zinke, vertraue »auf ein Thema, mit dem man in der Häschenschule für deutsche Romanschreiber grundsätzlich in der ersten Reihe« sitze, und den Stoff erzähle er »im Gestus eines gehobenen Lore-Romans«. – »Durchaus filmreif setzt die Ouvertüre ein, aber es gibt bekanntlich auch schlechte Filme.« – »Bei Krausser wirkt alles so angelesen, daß man den Archivstaub knirschen hört.« – »Allmählich begreift man, was die Hauptfigur des Romans und ihren Erfinder verbindet: die bohrende Sehnsucht, bedeutend zu sein.« – »So abenteuerlich der Plot, so öde die Ausführung.« Solche harten Worte lese ich natürlich desto lieber, je besser sie begründet werden, und auch daran fehlt es nicht. Wenn es mich nicht schon ewig gäbe, Kristina Maidt-Zinke könnte mich erfinden.