Humorkritik | April 2007
April 2007

Übergeschnappt (Online only)
Es ist im Fernsehen eher selten, daß Frauen Mitte Vierzig in Hauptrollen besetzt werden, und schon gar keine, denen das vergiftete Kompliment anhängt, sie seien "stark". Doch das allein macht die britische Sitcom "Bonkers" (ITV 2007) noch nicht so verrückt, wie ihr Name es andeutet: Ihr Unique Point of Sale ist vielmehr ein attraktiver Geist, den nur Helen, Lehrerin, Mutter eines zwanzigjährigen Sohnes und Ehefrau eines in die Jahre gekommenen Fernsehautors, sehen kann: Der Geist eines TV-Soapdarstellers, den Helen ihrem Mann jederzeit vorziehen würde – jedenfalls im Bett.
Daß dieser Geist eines Tages vor ihr steht und fortan ihr Haus nicht mehr verläßt, liegt möglicherweise daran, daß Helen ein bißchen überfordert ist: In der ersten Folge organisiert sie Hals über Kopf ein Fest zu ihrem 20. Hochzeitstag, den sie völlig vergessen hat, und muß auf diesem Fest nicht nur erfahren, daß ihr Bruder (Oliver Chris, "The Office"/"Green Wing") seine Frau für lesbisch hält (und die ihn für homosexuell), daß ihr Mann glaubt, sie habe eine Affäre mit dem Schuldirektor, und daß ihr Sohn mit der Freundin ihres anderen Bruders schläft, nein: Sie erfährt, daß ihr Mann Tony mit einer ihrer ehemaligen Schülerinnen eine Affäre hatte, aus der wiederum ein mittlerweile dreijähriges Kind entstanden ist. Helen jagt Tony umgehend aus dem Haus – und bekommt wenig später überraschend Geisterbesuch.
Genug Stoff für mehrere Serien also, aber so dicht in eine einzige gepackt, daß eine nahezu ununterbrochene Abfolge von katastrophalen und komischen Szenen entsteht, wie sie zuvor nur in "Worst Week Of My Life" (BBC) zu sehen war. So viel Stoff, daß "Bonkers" ein wenig vom traditionellen Sitcomformat abweicht: Sechs Folgen sind es zwar, aber mit jeweils 45 Minuten Nettolauflänge. Da hätte es ein bißchen weniger auch getan, zwischenzeitlich wünscht man sich eine kleine Pause von allzu viel Wahnsinn, doch das verzeiht man der Serie ebenso wie die direkte Zuschaueransprache durch Helen, die ein wenig antiquiert wirkt. Aber auch wirken soll, denn "Bonkers" ist, oversexed or not, Familienunterhaltung und lief bis Anfang März donnerstagabends um neun. Und hoffentlich schon bald auf DVD zu jeder gewünschten Uhrzeit.