Humorkritik | Mai 2023
Mai 2023
»Ich habe durch mein ganzes Leben gefunden, daß sich der Charakter eines Menschen aus nichts so sicher erkennen läßt, wenn alle Mittel fehlen, als aus einem Scherz, den er übel nimmt.«
Georg Christoph Lichtenberg
Bud Odenkirk
Seit »Breaking Bad« und »Better Call Saul« bin ich Fan (siehe TITANIC 7/2016), und also reichte mir das von Amazons Videodienst aufgestellte Namensschild »Bob Odenkirk«, um in den Film »Nobody« (2021) zu geraten, der sehr konventionell anfängt – amerikanisches Vorstadtwürstchen beginnt wegen einer Kleinigkeit einen Rachefeldzug –, sich aber zu einem Bud-Spencer-Film mit Tötungslizenz mausert, in dem ein (aus Gründen) quasi unüberwindlicher Bud bzw. Bob bzw. Hutch den Bösen nicht nur mit der Faust, sondern auch mit allerlei Faust-, Stich- und Sprengwaffen auf den Pelz rückt. Das geschieht so explizit, dass mich die Altersempfehlung »ab 16« etwas gewundert hat, aber Hemmungslosigkeit ist ja keine ganz schlechte Voraussetzung für Komik, und diese hier funktioniert im Wesentlichen nach dem Grundsatz: Mit dem Erdbeben anfangen, dann steigern.
Es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, dass der Actionfilm von Regisseur Ilja Naischuller, den Wikipedia als »Mitglied der russischen Rockband ›Biting Elbows‹« ausweist, als lustvoll eklektische Großpersiflage betrachtet werden darf – »Rambo«, »Falling Down«, »True Lies«, you name it –, und wenn vorm Showdown die Schallplatten brennen, ist es nicht zu entscheiden, ob das Tarantino noch huldigt oder schon ironisiert. Dass die Bösen hier Russen sind, war vor zwei Jahren noch ein Gag und sorgt für den besten Spruch, bevor die russische Mafia in Garnisonsstärke anrückt; Held Hutch zu seinem zwecks Schützenhilfe aus dem Altersheim entwichenen Vater (!): »You brought a lot of shotguns.« Der Vater: »You brought a lot of Russians.«
»Nobody 2«, lese ich, ist auf dem Weg. Um meinerseits explizit zu werden: Ich freu’ mich drauf.