Humorkritik | Oktober 2022
Oktober 2022
»Das Lächerliche ist so leicht zu schreiben, daß es eigentlich niemals mißlingen kann; unsre ernsthaftesten Schriftsteller geben das Beispiel.«
Friedrich Hebbel

Fraubad
Im Freiburger Lorettobad befindet sich das letzte separierte Frauenschwimmbad Deutschlands. Seit einigen Jahren kommt es dort zu Auseinandersetzungen mit orthodoxen Musliminnen, die sich, so war es zumindest der Presse zu entnehmen, angeblich weder an die üblichen Gepflogenheiten noch an Baderegeln halten: Immer wieder musste die Polizei anrücken, das Bad bekam neben weiblichem auch männliches Personal, und schließlich schrieb der »Verein der Freunde des Lorettobades e.V.« gar einen Brief an die saudi-arabische Botschaft in Berlin mit der Anregung, den muslimischen Damen doch bitte ein eigenes Bad im Elsass zu bauen. Diese Ereignisse hat nun Doris Dörrie in einen Film verwandelt, und Paulina Stulin (siehe TITANIC 12/20) hat ein sehr schönes gleichnamiges Comic-Buch gezeichnet (Jaja Verlag).
Dem Publikum im Kinosaal hat »Freibad« gefallen; Gelächter und Amüsement angesichts der meist eher schalen Scherze waren groß, die allgemeine Ansicht nach dem Abspann: Man habe sich keine Minute gelangweilt. Letzterem kann ich zustimmen, der Film ist kurzweilig inszeniert, auch wenn die Geschichte um die beiden älteren Freibad-Stammbesucherinnen Eva und Gabi, die sich als Vorkämpferinnen für den Feminismus verstehen, kaum mehr produziert als Klischeefiguren und Standardsituationen. Die beiden Damen nehmen den Kulturkampf gegen die verschleierten Araberinnen auf, um sich schließlich von einer deutschen Muslima im Ganzkörperbadeanzug erklären zu lassen, ihr Feminismus kämpfe nicht für unterdrückte Frauen aus anderen Kulturkreisen, sondern dafür, dass diese sich wie all die Evis und Gabis aus dem Süddeutschen zu benehmen hätten. Diese Mischung aus Hybris und Helfersyndrom, die hier formuliert wird, ist sicher fester Bestandteil hiesigen Selbstverständnisses, leider beömmelt sich »Freibad« nur über die Widersprüchlichkeiten seiner beiden Protagonistinnen, ohne ihnen aber weiter nachzugehen.
Einige hübsche Gags enthält der Film dennoch. Einer davon geht so: Die »Anführerin« einer größeren Gruppe verschleierter Araberinnen, die nach eigener Aussage Schweiz-Flüchtlinge sind (Burkaverbot etc.), unterhält sich mit der Bademeisterin Steffi, ebenfalls eine Eidgenossin, auf Schwyzerdütsch. Sodass die Schwimmbadleiterin Rocky, die den beiden zugehört hat, entgeistert ihre Angestellte fragt: »Redest du mit der Arabisch?« Nein, langweilen werden Sie sich in »Freibad« nicht, und besonders sei noch einmal erinnert an das zugehörige Comic-Buch Paulina Stulins, das eine erweiterte, leicht veränderte Extended-Version des Films darstellt.