Humorkritik | Oktober 2022
Oktober 2022
»Das Lächerliche ist so leicht zu schreiben, daß es eigentlich niemals mißlingen kann; unsre ernsthaftesten Schriftsteller geben das Beispiel.«
Friedrich Hebbel

Mit dem Putzmann ins Konzert
Der Regisseurin Mareille Klein ist mit »Da kommt noch was«, ihrem zweiten Langfilm, etwas gelungen, womit sich deutsche Filmschaffende für gewöhnlich schwertun: einem ernsten Stoff Komisches abzugewinnen, ohne dass es albern oder rührselig gerät. Da wird nämlich die wohlhabende Hausbesitzerin Helga, in Rente und seit zwei Jahren von ihrem Exmann getrennt, von ihrer Putzfrau mit einer unerwarteten Urlaubsvertretung konfrontiert, dem Polen Richard. Richard spricht kaum Deutsch, aber Englisch; Helga kaum Englisch, aber Deutsch. Erst behandelt die alte Dame ihre Aushilfskraft arg von oben herab und skeptisch, aber als sie zum wiederholten Mal von einer Freundin, die sie sonst zu regelmäßigen Abonnementkonzerten begleitet, eine Absage erhält, lädt sie Richard ein, zum nächsten Konzert mitzukommen. Nun ist die Szene, in der Helga Richard ihr Vorhaben darlegt, sehr komisch geraten, der arme Mann versteht nur Bahnhof, was einerseits an der Radebrecherei Helgas liegt, andererseits (und noch viel mehr) an der Unwahrscheinlichkeit des plötzlichen Angebots. Solche wohlvorbereitete situationskomische Szenen hat der Film einige, und dass sie funktionieren, liegt nicht nur am Drehbuch, sondern auch am bemerkenswerten Timing und am stoischen Mienenspiel der beiden Hauptdarsteller Ulrike Willenbacher und Zbigniew Zamachowski; Letzterer ist übrigens, so höre ich, einer der größten zeitgenössischen Stars des polnischen Kinos überhaupt.
Außerdem, und auch das gefiel mir, hat »Da kommt noch was« einen Blick für die Lächerlichkeiten der kleinbürgerlichen Clique um Helga und ihre Freundinnen, vor allem für deren demonstrative liberale Weltoffenheit, die in der Konfrontation mit dem polnischen Arbeiter dann derart zusammenbricht, dass ich mich im Kinosessel so wohlig fremdschämen durfte wie lange nicht mehr bei einer deutschen Filmproduktion. Eine hohe Pointendichte sollten Sie nicht erwarten, der Film ist alles andere als ein Witzfilm, aber Mareille Klein versteht ihr Handwerk, und die wenigen Schwächen betreffen nicht die hier zu verrichtende Humorkritik. Der Film läuft seit dem 29. September in den deutschsprachigen Kinos und kann als von mir goutiert gelten.