Humorkritik | Oktober 2022

Oktober 2022

»Das Lächerliche ist so leicht zu schreiben, daß es eigentlich niemals mißlingen kann; unsre ernsthaftesten Schriftsteller geben das Beispiel.«
Friedrich Hebbel

Der Frau sein Geschlecht

Man stelle sich vor, ein Kabarettist oder eine Kabarettistin stünde auf der Bühne und hätte eine Hilfskraft neben sich, die ihr bei der Formulierung ihrer Witze behilflich ist und gegebenenfalls eingreift und korrigiert. Ich musste mir das jetzt vorstellen, weil Carolin Kebekus ein Buch geschrieben hat – oder eben nicht geschrieben hat, jedenfalls nicht allein, hatte sie doch die Co-Autorin Mariella Tripke neben sich. »Es kann nur eine geben« heißt das Buch trotzdem (erschienen bei Kiepenheuer & Witsch).

Nachdem der alte weiße Mann Hans Mentz es Kebekus hiermit ordentlich gegeben hat, kann er nun einräumen: Es muss dieses eine Buch geben, weil es sonst kaum eines gibt, das so umfassend und im Plauderton über die Stellung und das Bild der Frau in der nach wie vor patriarchalisch durchsäuerten Gesellschaft unterrichtet – und dessen Autorinnen dabei nicht den Humor verlieren. Beispielsweise wenn Schauspielerinnen für einen Programmdirektor, der wegen sexueller Belästigung angezeigt (und schließlich gefeuert) wurde, in einem offenen Brief Partei ergreifen: »Wenn er der einen Frau nichts getan hat, heißt das doch nicht, dass er keiner anderen etwas angetan hat. Das ist, als würde ich sagen: Mich hat noch nie ein Auto überfahren, was habt ihr nur mit euren Verkehrstoten? Oder: Wir haben hier Unterschriften gesammelt, wir sind alle noch nie von Fritzl im Keller eingesperrt worden!«

Dass Kebekus’ / Tripkes Bemühen um Gendersensibilität manchmal nicht nur auf Kosten der Sexisten, sondern auch auf Kosten der Sprache geht, soll nicht verschwiegen sein. Wenn etwa – es geht um Frauenparkplätze – die »Bezeichnung ›Frau‹ jemanden ausschließen würde, der*die sein Geschlecht nicht als männlich oder weiblich beschreiben würde«, dann kann das Sternchen hier bloß ans grammatikalisch männliche Geschlecht anschließen, nicht ans weibliche. Aber vielleicht bin ich ja auf einem ganz anderen Holzweg: jenem, ordentlichen Stil von ausgerechnet einem Kabarettbuch zu verlangen; sei es nun gendersensibel oder nicht.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg