Ein philosophisches WM-Gespräch mit Peter Sloterdijk
TITANIC: Herr Sloterdijk, erst das verpatzte Auftaktspiel gegen Mexiko, dann der mit viel Moral erkämpfte Sieg gegen Schweden. Morgen geht es für die DFB-Auswahl um alles. Haben Sie einen klugen Rat für Joachim Löw und seine Jungs?
Sloterdijk: Nun, wenn man ehrlich ist, muss man zugeben, dass Joghurt Löw schon im Vorfeld dessen, was mein leider toter Freund Schorsch Derrida vermutlich "das Ereignis" nennen würde, schwere Fehler gemacht hat. Aber andererseits gilt immer noch, was der große Hegel einmal so unnachahmlich auf den Elfmeterpunkt gebracht hat: "Abseits ist, wenn der Weltgeist pfeift!" Nietzsche, der Hegel mehr verdankt, als eine Katrin Müller-Hohenstein oder ein Marcel Reif-Ranicki ahnen, greift diese brillante Vorlage in "Abseits von Gut und Böse" auf und schlenzt das Leder elegant an der nihilistischen Abwehr vorbei. 1:0 für den FC Übermensch. Ein Weltklassetor von der hängenden Spitze Zarathustra!
TITANIC: Was bedeutet das konkret für "Die Mannschaft"?
Sloterdijk: Am besten wäre es natürlich, wenn Yoga Löw Nietzsche aufstellen würde! Aber dessen Karriere ist ja leider schon beendet. Wie uns mittlerweile generell die Führungsspieler fehlen. Adorno links außen, Heidegger ganz rechts, Karl Popper im Zentrum: das war es doch erst, was das Wunder von Modern möglich gemacht hat! In der Gegenwart hingegen zieht das, was mein leider hirntoter Freund Slavoj Žižek vermutlich "den Ball" nennen würde, offenbar nur noch Milchbubis an, die sich nicht das Trikot schmutzig machen möchten. Özil bleibt Persil! Kimmich nicht an den Ball, dann kimmich halt nicht an den Ball! Von Felix "Heike" Magath hat man bei diesem Turnier überhaupt noch nichts gesehen. Manche von unseren Jungs sind so abgehoben, dass sie nicht einmal mehr einen Nachnamen tragen.
TITANIC: Antonio Rüdiger? Das ist, mit Verlau…
Sloterdijk: Ich meinte Werner Timo. Beim Fußball, namentlich bei einer Weltmeisterschaft, ist es wie in der Ontologie: Du kannst nur schütteln, was du hast. Und Michel Foucault und Rudolf Steiner sind einfach ein hervorragendes Trio! Was Joschka Löw fehlt, ist "das ganz Annere" (Hölzenbein). Gerade morgen, gegen die zu Unrecht unterschätzten Japaner mit ihrem Chefcoach Harakiri Tändler, braucht der Mann starke Flügelspieler. Ich denke da zum Beispiel an den großartigen Pianisten Daniel Barenboim.
TITANIC: Herr Sloterdijk, wenn die Nationalelf morgen ähnlich unmotiviert auftritt, wie Sie es gerade tun, wird sie wohl eher nicht weiterkommen.
Sloterdijk: Sie sind ja unverschämt! Als amtierender Denkmeister brauche ich mir das nicht bieten zu lassen. Wenn Ihnen meine Spielphilosophie missfällt, dann wechseln Sie doch Thea Zorn oder Daniel-Pascal Dorn ein!
Daniel-Pascal Zorn: Guten Tag. Soll ich Ihnen in der Halbzeitpause mein Rummenigge-Kapitel zuschicken?
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