Humorkritik | März 2023

März 2023

»Der Boden, um meine Werke in meiner Denkweise zu schaffen, ist nur in Deutschland vorhanden. Die Deutschen sind noch am ehesten zur Selbstironie fähig und auch tolerant genug, meine Provokationen zu ertragen und zu verstehen.«
Peter Lenk

Tegtmeier zum 100.

Der Mann, der mal Adolf Tegtmeier war, hätte am 6. März dieses Jahres seinen 100. Geburtstag gefeiert – würde er nicht schon neun Tage später, am 15. März, seinen 29. Todestag begehen. Das Gesamtwerk des Schauspielers, Komikers und auch Sängers Jürgen von Manger (Tegtmeier) sowie seine Einflüsse auf u.a. Helge Schneider habe ich im Juni 2003 an dieser Stelle sehr ausführlich und lobend gewürdigt. Darum hier, zur Feier des Anlasses, in aller Kürze:

Was an Tegtmeier / Manger so bemerkenswert war, lässt sich anhand des Sketches »Unteroffiziersunterricht« exemplarisch erleben: das mit großer Beflissenheit vorgetragene Halb- bis Unverstandene, die in der Luft hängenbleibenden Halbsätze, der Ruhrpott-Argot, die Sprachverrenkungen. Handlungsort des genannten Schau- bzw. Hörspiels ist die »Stube 110« in irgendeiner Bundeswehrkaserne (Zeit: Anfang der 60er), in der Unteroffizier Tegtmeier versucht, seinen Soldaten das Thema »Körperpflege und Gesundheitsreinigung« auf seine eigentümliche Art nahezubringen. Und das geht so: »Was macht der Soldat, wenn er morgens aufsteht? Ja, da vorne mit die Blechbrille …« Die Antwort »Beten, Herr Unteroffizier« wird prompt mit Kniebeugen vor versammelter Mannschaft bestraft, weil Tegtmeier sich »verkackeiert« fühlt: Richtig ist nämlich vielmehr, dass der Soldat sich die Zähne putzt, weil »in der Nacht haben sich so Kartoffelstückchen dazwischengesetzt und da tun die faulen«. So geht die Belehrung dahin, vom Füßewaschen (»ganz gefährliche Käsemauken«) bis zur kalten Dusche (»damit der Soldat nich so scharf is auffe Weiber«). Dabei nutzt Uffz. Tegtmeier jede Gelegenheit, seine Untergebenen zu triezen und zu knechten – allerdings nur so lange, bis der vorgesetzte Oberst hereinplatzt und nun seinerseits »Techtmeier« unter Druck setzt: Der soll jetzt das Wesen und die Wirkung der sog. »Handgranate 33« erklären, und stolpernd und stotternd hangelt er sich durch seinen Text, der erwartbar schlecht ankommt; selbst der »kleine Scherz« am Ende scheint nicht gerade zu zünden (er habe mal einen gekannt, der die Handgranate nicht rechtzeitig weggeworfen habe; »deshalb sieht man dem heut so wenig«).

Die von mir seinerzeit bemängelte Schwäche im Dialogischen, wie beispielsweise in der Nummer »Die Fahrschulprüfung«, vermeidet v. Manger, indem er hier kurzerhand sämtliche Charaktere selber spricht resp. spielt. 2003, bei meiner Würdigung zu Mangers / Tegtmeiers 80., gab es noch kein Youtube; 2023 kann man dort allerlei Herrliches aus dem Tegtmeier-Kosmos nachsehen und -hören, und man sollte es auch – am besten beginnend mit dem »Unteroffiziersunterricht«. Et tut sich lohnen, äährlich!

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
01.05.2024 Berlin, 1.-Mai-Fest der PARTEI Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
02.05.2024 Dresden, Schauburg Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
03.05.2024 Mettingen, Schultenhof Thomas Gsella
03.05.2024 Stuttgart, Im Wizemann Martin Sonneborn mit Sibylle Berg