Humorkritik | März 2023

März 2023

»Der Boden, um meine Werke in meiner Denkweise zu schaffen, ist nur in Deutschland vorhanden. Die Deutschen sind noch am ehesten zur Selbstironie fähig und auch tolerant genug, meine Provokationen zu ertragen und zu verstehen.«
Peter Lenk

The Olaf Scholz crossed the Road

In so mancher Branche geht die Angst um, Künstliche Intelligenzen würden bald Jobs übernehmen oder obsolet machen. Bachelorarbeiten können sie offenbar schon schreiben, und für die braucht man immerhin Abitur. Da stellt sich Ihrem Hans Mentz natürlich die Frage: Kann so eine KI denn auch Witze machen, etwa das derzeit wild diskutierte Programm ChatGPT?

Fängt man mit einer satirischen Fingerübung an und bittet um einen Witz über die deutsche Rechte, klingt das Ergebnis erst mal so: »Why are right wing politics in Germany so popular? Because they’re the only thing that’s left!« Zumindest überraschend wird es einige Fragen später mit der selbstreferentiellen Antwort auf die Frage, wer der beste Comedian sei: »I don’t know, but I heard that right wing politics are really funny!« Bei der Frage, an welches Gemüse Helmut Kohls Kopfform erinnere (Wassermelone) oder welche Frucht sich eine junge ostdeutsche Frau bei ihrem ersten Westeinkauf besorgen würde (Apfel), scheitert ChatGPT allerdings wieder kläglich.

Wenn die Künstliche Intelligenz witzig ist, dann eher unfreiwillig. Beispielsweise, wenn dieser von auf unbezahlbaren Privatunis ausgebildeten, in der größten Konkurrenzkampfarena der Welt, dem Silicon Valley, arbeitenden Software-Ingenieuren entwickelte Chatbot ausspuckt, dass das Schul- und Bildungssystem in der DDR besser war als im Westen. Zudem entwickelt die KI nach kürzester Zeit ein Faible für das Witzschema »Why did the chicken cross the road? To get to the other side!«, welches es in Abwandlungen wieder und wieder nutzt: »Why did the right wing politics cross the road?« oder »Why did the Olaf Scholz cross the road?« Die Antwort fällt immer gleich aus – von der sinnlosen Frage ganz zu schweigen.

Ja, selbst für die unterste Schwundstufe des Humors, Reklame-Kalauer, taugt die KI nicht. Lässt man sie wortspiellastige Claims für eine vegane Leberwurst entwickeln, enthalten die Slogans trotz Anweisung nur selten Wortwitze, höchstens blumige Beschreibungen.

Das Fazit könnte also lauten: Die KI kann viel und und wird noch viel mehr können. Die Humorbranche allerdings scheint mir nicht betroffen. Die muss weiterhin ganz ohne künstliche Unterstützung to the other side – dorthin, wo die Pointen wohnen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hände hoch, Rheinmetall-Chef Armin Papperger!

Laut einem CNN-Bericht lagen deutschen und US-amerikanischen Geheimdiensten Hinweise zu russischen Plänen für einen Angriff auf Sie vor. So etwas nennt man dann wohl »jemanden mit seinen eigenen Waffen schlagen«!

Mörderpointe von Titanic

 Wenn, Sepp Müller (CDU),

Bundeskanzler Olaf Scholz, wie Sie ihm vorwerfen, in einem »Paralleluniversum« lebt – wer hat dann seinen Platz in den Bundestagsdebatten, den Haushaltsstreitgesprächen der Ampelkoalition, beim ZDF-Sommerinterview usw. eingenommen?

Fragt die Fringe-Division der Titanic

 Wie kommt’s, »Krautreporter«?

In einem Artikel zum Thema »Konkurrenz im Job« stellst Du die These auf: »Konkurrenz ist nicht so verpönt wie ihr Ruf.« Aber warum? Was hat der Ruf der Konkurrenz denn bitte verbrochen? Womit hat er seinem Renommee so geschadet, dass er jetzt sogar ein schlechteres Image hat als die Konkurrenz selbst? Und weshalb verteidigst Du in Deinem Artikel dann nur die Konkurrenz und nicht ihren Ruf, der es doch viel nötiger hätte?

Ruft Dir fragend zu:

Deine genau im gleichen Ausmaß wie ihr Ruf verpönte Titanic

 So ist es, Franz Müntefering!

So ist es, Franz Müntefering!

Sie sind nun auch schon 84 Jahre alt und sagten zum Deutschlandfunk, Ältere wie Sie hätten noch erlebt, wozu übertriebener Nationalismus führe. Nämlich zu Bomben, Toten und Hunger. Ganz anders natürlich als nicht übertriebener Nationalismus! Der führt bekanntlich lediglich zur Einhaltung des Zweiprozentziels, zu geschlossenen Grenzen und Hunger. Ein wichtiger Unterschied!

Findet

Ihre Titanic

 Moment, Edin Hasanović!

Sie spielen demnächst einen in Frankfurt tätigen »Tatort«-Kommissar, der mit sogenannten Cold Cases befasst ist, und freuen sich auf die Rolle: »Polizeiliche Ermittlungen in alten, bisher ungeklärten Kriminalfällen, die eine Relevanz für das Jetzt und Heute haben, wieder aufzunehmen, finde ich faszinierend«, sagten Sie laut Pressemeldung des HR. Ihnen ist schon klar, »Kommissar« Hasanović, dass Sie keinerlei Ermittlungen aufzunehmen, sondern bloß Drehbuchsätze aufzusagen haben, und dass das einzige reale Verbrechen in diesem Zusammenhang Ihre »Schauspielerei« sein wird?

An Open-and-shut-case, urteilt Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

 Liebesgedicht

Du bist das Ästchen,
ich bin der Stamm.
Du bist der Golo,
ich Thomas Mann.
Du bist Borkum,
ich bin Hawaii.
Du bist die Wolke,
ich bin gleich drei.
Du bist das Würmchen,
ich bin das Watt.
Du bist die Klinke,
ich bin die Stadt.
Du bist das Blättchen,
ich jetzt der Ast.
Sei still und freu dich,
dass du mich hast.

Ella Carina Werner

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Dialog auf Augenhöhe

Zu meinen Aufgaben als Marketingexperte in einem modernen Dienstleistungsunternehmen gehört es unter anderem, unzufriedene Kunden zu beschwichtigen. Vor kurzem beschwerte sich einer von ihnen darüber, dass wir in unseren Texten immer dieselben Bausteine verwenden. Die Mail ließ mich ganz irritiert zurück. Ein Glück, dass wir für genau solche Anfragen gleich fertige Antworten haben.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster