Humorkritik | April 2023

April 2023

»You have to play it straight. In comedy, the moment the audience sees that you know what the joke is, it’s over. They’re not gonna laugh.«
Leslie Nielsen

Im Kontrollzentrum, da wird man panisch …

Dass schwächelnde Regierungen, denen innenpolitische Krisen über den Kopf wachsen, ihre Träume von alter Größe gern ins Weltall projizieren, ist nichts Neues. Geniestreiche wie die von Donald Trump ersonnene »Space Force« haben auch die Politsatire auf den Plan gerufen. Nachdem aber die gleichnamige, mit Steve Carell besetzte Persiflage bei Netflix sang- und klanglos untergegangen ist und sich an Adam McKays Endzeit-Farce »Don’t Look Up« (TITANIC 2/2022) die Geister geschieden haben, obliegt es wieder einmal Armando Iannucci und seinem Team, sich zum Klassenbesten aufzuschwingen. Auch wenn die 17 Folgen von »Avenue 5« (HBO) ein wenig hinter Iannuccis Westminster-Serie »The Thick of It« und deren famoser Kinofassung »In the Loop« zurückbleiben, hat mir diese Weltraum-Odyssee trotzdem großen Spaß gemacht. In einer nicht näher bestimmten Zukunft, in der das Weiße Haus von künstlicher Intelligenz geleitet und die kommerzielle Raumfahrt vom Besserverdiener-Tourismus dominiert wird, kommt ein Hightech-Clubschiff nach einem Defekt vom Kurs ab. Aus acht Wochen Sternenschau mit All-You-Can-Eat-Büfett wird ein Trip von drei Jahren – eine Prognose, die im Lauf der Serie aufgrund von allerlei menschlichem Versagen noch einige Male nach oben korrigiert wird. Zwar tummeln sich an Bord der Avenue 5, die nach einem Rohrbruch auch noch von einem Asteroidengürtel aus Scheiße bekränzt wird, einige Stereotypen, an denen sich die Popkultur im letzten Jahrzehnt schon etwas überfressen hat – der narzisstische Tech-Milliardär, die mittlerweile einschlägige »Karen« mit ihrem anstrengenden Es-steht-mir-aber-zu-Gehabe –, doch Iannucci und seine Autoren servieren den Passagieren und der Mannschaft eine amüsante Krise nach der anderen, lassen sie herzerfrischend mit dem Schicksal hadern und fluchen (»Madam, wenn wir wirklich eine Rettungskapsel hätten, würde ich Ihnen einen Platz darin anbieten – und das Scheißding anzünden«).

Als Satire auf das gespaltene, Fake-News-verdorbene (Post-)Trump-Amerika ist das erwartbar flach und derb, wird aber souverän zusammengehalten von Hugh Laurie als völlig unqualifiziertem Captain, der wie die gesamte Crew nur wegen seines guten Aussehens engagiert worden ist und auf die Mitteilung, er müsse plötzlich ein echtes Andock-Manöver steuern, entgegnet, er könne in seinem Alter nicht mal zuverlässig einen Urinstrahl in die Kloschüssel navigieren. Dass HBO der Serie nach zwei Staffeln den Stecker gezogen hat, ist schade – dass dieses Narrenschiff dafür nun aber bis ans Ende aller Tage auf seiner Irrfahrt bleiben wird, ist durchaus angemessen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
30.11.2023 Erfurt, Franz Mehlhose Max Goldt
30.11.2023 Friedrichsdorf, Forum Friedrichsdorf Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
01.12.2023 Hamburg, Centralkomitee Hauck & Bauer
01.12.2023 Karben, Kulturscheune im Selzerbrunnenhof Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige