Humorkritik | Februar 2022
Februar 2022
»Der Humor ist nie humoristischer, als wenn er sich selbst erklären will.«
Friedrich Hebbel

Wie ein kriecherischer Bastard
In Großbritannien wurde er 1999 in einer BBC-Umfrage zur »lustigsten Person der letzten 1000 Jahre« gewählt, und Eddie Izzard nennt ihn den »Godfather der alternativen Comedy«. Im deutschen Sprachraum wird er, wenn überhaupt, eher beiläufig als Vorgänger Monty Pythons erwähnt. Dabei hätte sich Spike Milligan, dessen Todestag sich am 27. Februar zum zwanzigsten Mal jährt, auch in unseren Breiten Anerkennung verdient.
Zu nationaler Bekanntheit gelangte der irische Komiker in den 1950ern, mit der auf spätere Comedy-Generationen äußerst einflussreichen Radiosendung »The Goon Show«. Als Sprecher und Headwriter entwickelte er dort seine Art der surrealen, assoziativen Komik: entlegene inhaltliche Verknüpfungen, mit wahnwitzigen Soundeffekten unterlegt und von großer Gagdichte, sowie rasch wechselnde oder ineinander übergehende Szenen, die sich zu absurden, fantastischen Geschichten formen. Da besteigt man den Mount Everest von innen oder fliegt zum Mond, nur um festzustellen, dass dieser komplett aus Sandwiches besteht. Mit der TV-Sketch-Show »Q…« übertrug Milligan den temporeichen Stil der »Goons« ab 1969 ins Visuelle. Das Ergebnis war eine Art komischer Bewusstseinsstrom fernab bisheriger Sehgewohnheiten: Sketche beginnen und enden plötzlich, gehen fließend in neue über, auf klassische Pointen wird weitgehend verzichtet. Dass »Q…« damit als Blaupause für den »Flying Circus« diente, dessen Erstausstrahlung ein halbes Jahr später erfolgte, geben auch Monty Python gerne zu. Was man heute »pythonesque« nennt, müsste also eigentlich »spikelike« heißen.
Noch vieles gäbe es am Milliganschen Werk zu würdigen, etwa Nonsensgedichte wie das großartige »On the Ning Nang Nong« oder die siebenbändigen Memoiren. Doch ich möchte nicht ein ähnliches Schicksal erleiden wie Prinz Charles. Als Milligan 1994 den British Comedy Award für sein Lebenswerk erhielt, wurde eine Laudatio verlesen – verfasst vom Prince of Wales. Schon nach dem ersten, schwärmerischen Satz unterbrach der Preisträger die royale Hymne mit den Worten: »Ach, der kleine, kriecherische Bastard!«