Humorkritik | Februar 2022
Februar 2022
»Der Humor ist nie humoristischer, als wenn er sich selbst erklären will.«
Friedrich Hebbel

Kein Drama, Baby oder Faking Schtonk
Wer vorhat, einen bekannten Stoff neu zu verfilmen, tut gut daran, sich zu fragen, was er anders machen möchte. Vor allem, wenn es sich um eine der besten Geschichten handelt, die das Leben schrieb, und sein Vorgänger Helmut Dietl heißt, der mit »Schtonk« daraus eine der komischsten Satiren der Nachkriegszeit gemacht hat.
Bei RTL hat man sich für die serielle Neuverfilmung der Affäre um die gefälschten Hitler-Tagebücher einen zweiten Handlungsstrang ausgedacht. Eine jugendliche Heldin stößt bei ihrer Suche nach den Sünden der Väter auf die Schuld des eigenen und verliebt sich dabei in einen jüdischen Idealisten. Neben dem verkorksten Liebesleben der Herren Kujau und Heidemann soll es damit auch was fürs Herz geben, neben dem verantwortungslosen Umgang mit den Verbrechen der Nazis sollte eine ernstgemeinte Auseinandersetzung stehen, neben älteren Nostalgikern sollten sich auch jüngere Zuschauer angesprochen fühlen.
So ungefähr die Spekulation – doch die Tugend von heute ist in dieser Geschichte der ewig Gestrigen fehl am Platz. Ihre Vertreter sind Klischees, die stark abfärben: Trotz des zeittypischen Soundtracks verlieren die 80er-Jahre ihre fröhliche Frivolität, und die Stern-Redaktion wirkt plötzlich wie ein Modellschauplatz für sexuelle Übergriffigkeit am Arbeitsplatz. Gegen die hemmungslos chargierenden Altstars haben die jugendlichen Darsteller keine Chance, die frei erfundenen Teile des Drehbuchs stören nur den tatsächlichen Ablauf der unglaublichen Ereignisse.
Showrunner Tommy Wosch nennt den Grund: »›Schtonk‹ ist eine Satire, ›Faking Hitler‹ ist ein Drama.« Und das funktioniert eben nicht. Hitlers Tagebücher und die geradezu leidenschaftliche Bereitschaft der Illustrierten, auf die plumpe Fälschung hereinzufallen: das ist eine Farce, die, wäre sie erfunden, heillos übertrieben wirkte. Helmut Dietl hat das 1992 erkannt. Das Drama, das jetzt daraus geworden ist, bemüht sich vor allem um das, was moralistische Seichtmatrosen »Tiefgang« nennen. Mir hat das fast den Spaß verdorben.