Humorkritik | September 2021

September 2021

»Ich möchte belehren und fürchte zu gefallen; ich möchte raten und fürchte zu belustigen; ich möchte einwirken auf meine guten Mitbürger und ihren Ernst ansprechen, und ich fürchte Lachen zu erregen.«
Ludwig Börne

Abwechslung in Zeiten des Dauer-Streamings

Bei einem selbstverständlich hochseriösen Gespräch über Pornografie fiel mir kürzlich ein Sexfilm ein, der mir in den Neunzigerjahren beim nächtlichen Zappen unterkam und der so fantastisch wie inkonsequent hieß: »Beach Babes – Die Girls vom anderen Stern«. Der Streifen »handelte« von drei intergalaktisch heißen Frauen, die mit ihrem Raumschiff auf einer Insel stranden, um sich mit sämtlichen anwesenden Erdlingen zu paaren, und ich bin alt genug, um schamfrei zu bekennen: Die Heiterkeit dieses von Regisseur David DeCoteau verantworteten Werks leuchtet noch immer in meinem Gedächtnis; besonders hell das fröhliche, nicht enden wollende Tanzen der außerirdischen Frauen am Strand, bis ein Dinosaurier aus einer Höhle auftaucht und sie vertreibt.

Auf der Suche nach dem Film stieß ich nun über Amazon auf den »Full Moon Channel«. Dort fand ich zwar keine Beach Babes, dafür aber etliche andere Meisterwerke der Genres Trash, Horror oder Sex-Klamotte. Etwa den Low-Budget-Film »Evil Bong«: Darin geht es um vier Studenten, die sich der Anziehungskraft ihrer sprechenden Wasserpfeife nicht widersetzen können und trotz dunkler Ahnungen einer nach dem anderen in einen im Korpus der Bong verborgenen Strip-Club gezogen werden. In Zeiten des Dauer-Streamings ist mir der Vollmondkanal damit eine willkommene Abwechslung geworden, zu der ich allen, die genug haben von den etablierten Angeboten auf Netflix, Disney oder Sky, nur raten kann.

Letztendlich fand ich auch die Beach Babes wieder, wenn auch nicht den mir bekannten zweiten Teil, sondern den ersten mit dem englischen Originaltitel »Beach Babes from Beyond« (1993). Bezüglich der Handlung unterscheidet sich das Werk nur geringfügig von seinem Sequel: Die Babes müssen in Kalifornien notlanden und treffen dort zu den Klängen launiger Surfmusik auf ihre Sexualpartner. Aber die Komik funktioniert, trotz gelegentlich etwas peinlicher Altherrenwitze: Etwa dann, wenn das Raumschiff wegen Treibstoffmangels plötzlich wie ein Stein Richtung Erde stürzt; oder wenn die erwählten jungen Männer, um die außerirdischen Frauen zu beeindrucken, sich im Muskelvergleich mit einem Strandprotz messen und beim Versuch, die Oberarme anzuspannen, einfach umfallen.

Den vielleicht besten Titel des über hundert Filme umfassenden Gesamtwerks von David DeCoteau findet man leider nicht im Angebot des Full Moon Channels: »Grizzly Rage – Die Rache der Bärenmutter«. In diesem Fall genügt mir allerdings bereits der Titel für einen herzhaften Lacher.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Moin, »Spiegel«!

Bei dem Artikel »Wir gegen uns« wussten wir nach dem Artikelvorspann »Die linksextreme Szene in Deutschland hat einen neuen Gegner: sich selbst« schon, dass da nichts Kluges drinstehen kann. Die Linke sich selbst ein »neuer Gegner«? Da drehen sich aber so einige vor Lachen im Grabe um.

Nicht ganz so geschichtsvergessen: Titanic

 Rechtzeitig zur Urlaubsartikelsaison, »Spiegel«,

lesen wir in Deinem Urlaubsartikel »Entzauberte Idylle« die Behauptung: »In den Ferien wollen wir doch alle nur eins: Aperol Spritz und endlich mal in Ruhe lesen.«

Das können wir natürlich sehr gut verstehen. Wir wollen in den Ferien auch nur eins: 1. eine eigene Softeismaschine auf dem Balkon, 2. einen Jacuzzi im Wohnzimmer, 3. eine Strandbar auf dem Balkon, 4. einen Balkon.

Deine Urlaubsmathematiker/innen von Titanic

 Hä, focus.de?

»Deutschlands Wirtschaft wankt«, berichtest Du und fragst: »Warum will die Ampel das einfach nicht sehen?« Ähem: Vielleicht wird der Bundesregierung da ja schlecht, wenn sie zu genau hinschaut. Hast Du darüber schon mal nachgedacht?

Üble Grüße von Titanic

 Gut möglich, lieber spiegel.de,

dass es an der drückenden Hitze liegt. Doch wenn wir in Deinem Ratgeber-Artikel »So schützen Sie Ihr Gehirn bei hohen Temperaturen« lesen, wie wir uns im Sommer »gehirngerecht« verhalten können, dann rauchen uns die Köpfe. Haben wir uns unseren Hirnen gegenüber schon häufiger unangemessen aufgeführt? Hätten die grauen Zellen nicht auch von selbst an unser Fehlverhalten denken können? Und vor allem: Ist es jetzt nicht am wichtigsten, unsere Gehirne vor weiterem Spiegel-Konsum zu schützen?

Schließt eiskalt den Browser: Titanic

 Hoffentlich klappt’s, Künstlerin Marina Abramović (77)!

Sie wollen gern mindestens 103 Jahre alt werden. Alt zu sein sei in der Kultur des Balkans, im Gegensatz zu der Nordamerikas, etwas Großartiges. Sie seien »neugierig wie eine Fünfjährige« und wollen noch schwarze Löcher und Außerirdische sehen.

Wir wollen auch, dass Sie Außerirdische sehen bzw. dass die Außerirdischen Sie sehen, Abramović. Wenn Sie die Extraterrestrischen, die, wie wir aus diversen Blockbuster-Filmen wissen, nichts Gutes im Schilde führen, mit einer Ihrer verstörenden Performances voll Nacktheit, Grenzüberschreitung und Selbstgefährdung begrüßen, wenden sie sich vielleicht doch von uns ab.

Kommt stets in Frieden: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Schierlingsbücher

Kaum jemand erinnert sich an das allererste selbstgelesene Buch. War es »Wo die wilden Kerle wohnen« oder doch Grimms Märchen? Schade, denke ich mir. Es könnte eine Wegmarke in die wunderbare Welt der Bibliophilie sein. In meiner Erinnerung wabert stattdessen leider nur ein unförmiger Brei aus Pixibüchern. Diesen Fehler möchte ich am Ende meines Leselebens nicht noch einmal machen. Und habe mir das Buch »Essbare Wildpflanzen« bestellt.

Teresa Habild

 Schock total

Wenn im Freibad dieser eine sehr alte Rentner, der sich beim Schwimmen kaum fortzubewegen scheint, der bei seinen zeitlupenartigen Zügen lange untertaucht und von dem man dachte, dass er das Becken schon vor langer Zeit verlassen hat, plötzlich direkt vor einem auftaucht.

Leo Riegel

 Bilden Sie mal einen Satz mit »AKW«

Der Bauer tat sich seinen Zeh
beim Pflügen auf dem AK W.

Jürgen Miedl

 Hä?

Demenz kennt kein Alter.

Moppel Wehnemann

 Treehuggers

Bei aller Liebe zum Veganismus: Plant Parenthood geht mir zu weit.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

  • 29.01.:

    Ein Nachruf auf Anna Poth von Christian Y. Schmidt im ND.

Titanic unterwegs
17.09.2024 Stadthagen, Wilhelm-Busch-Gymnasium Wilhelm-Busch-Preis Hilke Raddatz mit Bernd Eilert
18.09.2024 Bonn, Rheinbühne Thomas Gsella
18.09.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.09.2024 Berlin, Kulturstall auf dem Gutshof Britz Katharina Greve