Humorkritik | Juli 2016
Juli 2016
»Humor ist ein guter Stoßdämpfer, wenn es im Leben kracht.«
Phil Bosmans SMM
Kopfsache (2)
Wie jeder vernünftige Mensch mißtraue ich Superlativen. Daß Augusto Monterroso (1921-2003) zu den zahllosen Autoren gehört, die als der Kafka ihrer jeweiligen Herkunftssphäre bezeichnet werden (in diesem Fall ein »Kafka aus Lateinamerika«, so stellvertretend für viele Peter Wawerzinek), blendet mich also ebensowenig wie der Umstand, daß er mit »Der Dinosaurier« die laut Umberto Eco kürzeste (und womöglich rätselhafteste) Erzählung der Welt geschrieben hat, die da lautet: »Als er aufwachte, war der Dinosaurier immer noch da.« Neugierig werde ich hingegen trotz mannigfacher schlechter Erfahrungen immer noch, wenn die Verlagswerbung Komisches verspricht, und weil der Insel Verlag sein Monterroso-Bändchen »Gesammelte Werke (und andere Geschichten)« als »subtil subversive, hochkomische Geschichten« angepriesen hat und diese zudem mit Illustrationen Nicolas Mahlers versehen sind, hatten sie mich auch schon. Erwartbar fein: die Mahlerschen Vignetten, und gleich die erste Geschichte, »Mister Taylor«: subtil subversiv, ja hochkomisch. Mister Percy Taylor findet im Amazonasgebiet eher zufällig Zugang zur Branche der Kopfgeldjagd, und schon bald, maßgeblich gefördert durch einen Onkel in Amerika, gedeiht sein Tun »so prächtig«, daß er »im Industriemaßstab geschrumpfte Menschenköpfe zu beschaffen und zu liefern« zu einem lukrativen Exportgeschäft macht. Dessen exorbitante Wachstumsbilanz kann man als Gleichnis für das kopflose Wirtschaften im Kapitalismus lesen, man kann das Ganze aber auch einfach als großen schwarzhumorigen Spaß konsumieren.
Von den auf dieses kuriose Meisterstück folgenden zwölf weiteren Geschichten konnte mich keine ähnlich überzeugen, sie erinnern mich statt an Borges oder Kafka in ihrer gewollten, fast bin ich geneigt zu kalauern: verkopften Komik eher ein wenig an James Thurber, über den ich mich an dieser Stelle bereits kritisch geäußert habe (TITANIC 11/2006). Daß ich dann im Internet las, Carlos Fuentes habe Monterroso mit Thurber verglichen, hat mich da nur bestätigt.