Humorkritik | Juli 2016

Juli 2016

»Humor ist ein guter Stoßdämpfer, wenn es im Leben kracht.«
Phil Bosmans SMM

Operette, so oder so

Karl Kraus haßte ihn wie die Pest und den Schwefel dazu: Emmerich Kálmán. Aber Operetten wie »Die Csárdásfürstin« und »Gräfin Mariza« mit je acht bis fünfzehn Ohrwürmern = »Schlagern« = Evergreens zu fabrizieren müßte ihm erst mal ein Brahms oder Korngold nach- bzw. vormachen, und auch Johann Strauß glückte dergleichen nicht immer. Noch eindrucksvoller war Kálmán im Verein mit seinen Textdichtern Leo Stein und Bela Jenbach in der Frechheit, nämlich der oftmals atemberaubenden Saudummheit der Libretti, welche die von Kraus verdammte, von A bis Z triumphierende, häufig gleißende Vulgarität der Töne mindestens egalisieren; wenn nicht gar zu einem Gesamtkunstwerk sublimieren:

»Wir alle sind Sünder und freu’n uns wie die Kinder und freu’n uns auf jedes neue Maderl im Programm.« Oder: »Die Mädis, die Mädis, die Mädis vom Chantant, die nehmen die Liebe nicht so tragisch.« Weil: »Meine Leidenschaft brennt heißer noch als Gulaschsaft«.

Am bekanntesten: »Mit der Liebe ist es aus, doch ganz ohne Weiber geht die Chose nicht.« Auch dies plausibel: »Erst in der Ehe, so in der Nähe, da merkt man, daß die andern Weibchen hübscher sind.« Und dann heißt’s wieder: »Heißa, so verliebt zu sein!« Und aber am überraschendsten: »Sicher ihm (Gott) selber vor Freude das Herz lacht« – nämlich über dem ziemlich blöden Geturtel zwischen Baron Edwin und der Csárdásfürstin Sylva. Fraglos, auch diese Beobachtung mußte mal gemacht und geteilt werden.

Jawohl, das strahlend Ordinäre hat seine Reize und erkenntnistheoretischen Verdienste. Zur Erholung führe man sich aber dann doch das Gegenteil zu, z.B. Carl Millöckers Operettenspitzenwerk »Der Bettelstudent«, das da buchstäblich vom ersten bis zum letzten Takt mit pausenlos inspirierter Musik konsterniert; zu dem aber auch Friedrich Zells und Richard Genées Textbuch – ca. 750 unermüdlich gelungene und schöne und z.T. sehr verblüffende Reimpaare – das fast noch göttlichere Äquivalent stellt.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.12.2023 Kassel, Studiobühne im Staatstheater Kassel Ella Carina Werner
05.12.2023 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Stargast Til Mette
06.12.2023 Oldenburg, Wilhelm 13 Bernd Eilert mit Sandra Kegel und Klaus Modick
06.12.2023 Berlin, Das ERNST Hauck & Bauer mit Kristof Magnusson