Humorkritik | April 2014

April 2014

Alberne Mafia

Ein Publikumsliebling der diesjährigen Berlinale war der norwegische Film »Kraftidioten«, der im Wettbewerb gezeigt wurde. Und tatsächlich hat die Story um einen in die Jahre gekommenen Schneepflugfahrer, der den Tod seines von der Drogenmafia umgebrachten Sohnes auf effiziente Weise rächt, durchaus ihre Stärken. Wie im Untertitel »In Order of Disappearance« bereits angedeutet, bringt der Vater die Halunken einen nach dem anderen um und wirft sie einen tiefen Abgrund hinunter, eingewickelt in ein Netz, so daß die Fische sich an den Körpern gütlich tun können. Nach jedem Mord wird die Todesanzeige des Verstorbenen gezeigt – in der Reihenfolge des Dahinscheidens eben.

Unschön wurde der Film aber nicht etwa da, wo besonders viel Blut floß, sondern wo er partout versuchte, auf möglichst angesagten und deswegen auch recht ausgetretenen Witzpfaden zu marschieren. Daß sich nämlich Mafiagangster, die nach außen hin die harten Macker markieren, vor der geplanten Kindesentführung über die komfortabel ausgebauten sozialen Sicherungssysteme Norwegens unterhalten und über die herrlichen Verhältnisse in westlichen Gefängnissen, das war schon bei ähnlichen Szenen in Tarantino-Filmen nicht immer zum Lachen. Und wenn der Obergangster zwar Leute wie am Fließband umlegt, dabei aber ein sensibler Veganer ist, der streng darauf achtet, daß sein Sohn genug Gemüse ißt, und außerdem heillos unter der Fuchtel seiner geschiedenen Frau steht, dann reißt das Leute, die wenigstens mit einem halben Auge »The Sopranos« gesehen haben, auch nicht mehr vom Kinostuhl. Sondern ist bloß: ein alter Witz.

Immerhin gewann »Kraftidioten«, wiewohl selbst an den mauesten Stellen vom Publikum gefeiert, dann auch keinen einzigen Preis. Und darüber lachte ich doch wieder recht herzlich, nämlich mir ins Fäustchen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
23.05.2024 Bielefeld, Theaterlabor Max Goldt
24.05.2024 Dresden, Buchladen Tante Leuk Thomas Gsella
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »POLO«
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Hans Traxler: »Die Dünen der Dänen«