Humorkritik | April 2014

April 2014

Kein Staubsauger für Morgenstern

Sollte es tatsächlich nötig sein, vom Werk Christian Morgensterns, »von dem manche Zeilen gleichsam kulturelles Gemeineigentum geworden sind«, eine »Staubschicht zu entfernen«? Dies fragt eingangs seines zu Morgensterns 100. Todestag am 31. März erschienenen Werkes »Christian Morgenstern. Eine Biografie« (Residenz) Jochen Schimmang, um schließlich zu dem Fazit zu gelangen: »Man braucht Morgenstern nicht ›wiederzuentdecken‹, weil sein Werk niemals verschüttet war, und man muß es auch nicht ›dem jungen Menschen näherbringen‹. Man muß dem jungen Menschen – und allen anderen auch – nur sagen, er möge mal einen Blick in die Galgenlieder werfen oder sich mit Palmström, Korf und Palma Kunkel bekanntmachen.«

Wenn nicht gar einfach mit Schimmangs Buch, dessen kurzweilige Lektüre die leicht widersprüchliche Einschätzung des Biographen erklärt: Einerseits muß man Morgenstern nicht abstauben, ist er doch ein Urvater der komischen deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts, dessen Lyrik laut Robert Gernhardt »dem Komikkiller Nummer Eins, dem Zahn der Zeit, glorreich getrotzt hat«. Andererseits existiert besagte Staubschicht durchaus, liegt aber vor allem auf Morgensterns Begeisterung für Rudolf Steiner und dessen putzige Anthroposophie – eine späte Schwärmerei, die sich auf die Qualität von Morgensterns Texten nicht eben förderlich auswirkte.

Ziel- und stilsicher erzählt Schimmangs Biographie von der früh verstorbenen Mutter Morgensterns, dem  egozentrischen Vater, von der ahasverischen Lebensweise des angehenden Dichters, der das Zelt als sein »Wohnungsideal« ansah, schon bald aber v. a. um die Welt zog, weil er als Lungenkranker einen Ort brauchte, an dem er Luft bekam. Und weil Schimmang im knappen Rahmen dieser Lebensbeschreibung auch Morgensterns Gedichte, »den radikalen Modernismus und die konsequente Sprachkritik, die in ihren besten Beispielen enthalten sind«, konzentriert analysiert, kann ich dem Morgensternkundigen wie auch dem Einsteiger diese Biographie nur empfehlen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Augen auf, »dpa«!

»Mehrere der Hausangestellten konnten weder Lesen noch Schreiben« – jaja, mag schon sein. Aber wenn’s die Nachrichtenagenturen auch nicht können?

Kann beides: Titanic

 Moment, Edin Hasanović!

Sie spielen demnächst einen in Frankfurt tätigen »Tatort«-Kommissar, der mit sogenannten Cold Cases befasst ist, und freuen sich auf die Rolle: »Polizeiliche Ermittlungen in alten, bisher ungeklärten Kriminalfällen, die eine Relevanz für das Jetzt und Heute haben, wieder aufzunehmen, finde ich faszinierend«, sagten Sie laut Pressemeldung des HR. Ihnen ist schon klar, »Kommissar« Hasanović, dass Sie keinerlei Ermittlungen aufzunehmen, sondern bloß Drehbuchsätze aufzusagen haben, und dass das einzige reale Verbrechen in diesem Zusammenhang Ihre »Schauspielerei« sein wird?

An Open-and-shut-case, urteilt Titanic

 An Deiner Nützlichkeit für unsere Knie, Gartenkniebank AZBestpro,

wollen wir gar nicht zweifeln, an Deiner Unbedenklichkeit für unsere Lungen allerdings schon eher.

Bleibt bei dieser Pointe fast die Luft weg: Titanic

 Hello, Herzogin Kate!

Hello, Herzogin Kate!

Ihr erster öffentlicher Auftritt seit Bekanntmachung Ihrer Krebserkrankung wurde von der Yellow Press mit geistreichen Überschriften wie »It’s just Kate to see you again« oder »Kate to have you back« bedacht.

Und bei solchen Wortspielen darf unsereins natürlich nicht fehlen! Was halten Sie von »Das Kate uns am Arsch vorbei«, »Danach Kate kein Hahn« oder »Das interessiert uns einen feuchten Katericht«?

Wie immer genervt vom royalen Kateöse: Titanic

 So ist es, Franz Müntefering!

So ist es, Franz Müntefering!

Sie sind nun auch schon 84 Jahre alt und sagten zum Deutschlandfunk, Ältere wie Sie hätten noch erlebt, wozu übertriebener Nationalismus führe. Nämlich zu Bomben, Toten und Hunger. Ganz anders natürlich als nicht übertriebener Nationalismus! Der führt bekanntlich lediglich zur Einhaltung des Zweiprozentziels, zu geschlossenen Grenzen und Hunger. Ein wichtiger Unterschied!

Findet

Ihre Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Claims texten, die im Kopf bleiben

Ist »Preissturz bei Treppenliften« wirklich eine gute Catchphrase?

Miriam Wurster

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster