Humorkritik | April 2014

April 2014

Ahahamuhmuhmuh!

Meines Wissens ist dem Känguruh, anders als zahllosen anderen Tierarten, in der Literatur noch keine nennenswerte Aufmerksamkeit zuteil geworden, mir zumindest fallen auf Anhieb lediglich die beiden Känguruhs aus »Pu der Bär« ein. Auffällig, daß es sich um Protagonisten handelt, die eher der Kinderunterhaltung dienen – was eigentlich auch für das aktuelle Exempel der Gattung gilt, jenes »sprechende Känguruh«, das sich als Held der Werke Marc-Uwe Klings einer derart massenphänomenalen Beliebtheit erfreut, daß ich mich veranlaßt sehe, die Berechtigung dieser Wirkung einmal zu überprüfen. Denn Klings Werke, beginnend mit »Die Känguruh-Chroniken« (2009), gefolgt von »Das Känguruh-Manifest« (2011) und nunmehr zur Trilogie gerundet durch »Die Känguruh-Offenbarung« (alle bei Ullstein), fallen in mein Ressort, sind sie doch laut Jürgen von der Lippe, der es wie immer wissen muß, »sehr, sehr komisch!«.

Bei einem Kleinkünstler namens Marc-Uwe Kling, der nicht gern Kleinkünstler genannt werden möchte, steht eines Tages ein Känguruh vor der Tür und quartiert sich ein. Komikmuster Nr. 1: Ein Mensch und ein Tier leben zusammen, was immer ganz putzig ist. Zudem ist, ad 2, der tierische Untermieter äußerst frech, so etwas zieht spätestens seit dem Sams. Drittens baut Kling allerlei lustige oder lustig gemeinte Details ein: So befindet sich das naseweise Beuteltier im Clinch mit einem vis-à-vis wohnenden und vom Känguruh als dessen »kosmischer Widersacher« bekämpften Pinguin (weil der nämlich »irgendeinen bösartig-bourgeoisen Weltverschlechterungsplan« verfolgt). Sachen gibt’s. Klings Clou besteht aber nicht nur in konditionsstark ausgewalzten Späßen (etwa »bei einigen Wortpaaren die Bedeutungen auszutauschen«, statt »Problem« »Ekzem« zu sagen und diesen Gag immer mal wieder unterzubringen), Figuren, die »immer so absurde Sachen sagen« (z.B. »Boah!« oder »Naknak« oder »Ahahamuhmuhmuh!«), diversen Kalauern (wie dem Roman »Der Zauberzwerg« eines »Thorsten Mann«), sondern vor allem in der politischen Haltung des Känguruhs, das sich streng antikapitalistisch, ja kommunistisch geriert und handelt, indem es ein »Asoziales Netzwerk« gründet, welches mittels merkwürdiger »Anti-Terror-Anschläge« aktiv wird. Es geht gegen »Staat, Kapital und das schlechte Wetter«. Donnerwetter.

Ein halbwegs intellektuelles Publikum bedient Kling mit Anspielungen an Habermas, ohne aber all jene zu überfordern, die mit dergleichen noch nichts zu tun hatten und es vermutlich erhellend finden, wenn ihnen Basics der Ökonomie nahegebracht werden; etwa, daß eigentlich »der sogenannte Arbeitgeber der Arbeitnehmer und der sogenannte Arbeitnehmer der Arbeitgeber« ist. Allerhand. Aber zuvörderst will sich Kling einen Jux nach dem anderen machen und niemandem wehtun. Weshalb denn auch das Politische seiner Bücher genauso harmlos, unmotiviert und weitgehend sinnfrei daherkommt wie überhaupt das ganze Klingeling. Man muß schon über ein kindliches Gemüt verfügen, um sich von so etwas begeistern zu lassen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 U sure, Jürgen Klopp?

U sure, Jürgen Klopp?

Nachdem Sie Ihren Posten beim FC Liverpool niedergelegt haben, halten Sie sich in Sachen Zukunftspläne bedeckt. Nur so viel: »Ich werde irgendwas arbeiten. Ich bin zu jung, um nur noch Padel-Tennis und Enkelkinder zu machen.«

Keine Ahnung, wie Sie sich den typischen Alltag im Ruhestand so vorstellen, Kloppo. Doch wenn Menschen fortgeschrittenen Alters Nachwuchs zeugen, heißt das Ergebnis – zumindest in den meisten Fällen – »Kinder« und nicht »Enkelkinder«.

Schwant Böses: Titanic

 Kopf einschalten, »Soziologie-Superstar« Hartmut Rosa (»SZ«)!

Wahrscheinlich aus dem Homeoffice von der Strandbar tippen Sie der SZ dieses Zitat vor die Paywall: »Früher waren zum Beispiel die beruflichen Erwartungen, wenn man zu Hause war, auf Standby. Heute kann man andersherum auch im Büro natürlich viel leichter nebenbei private Kommunikation erledigen. Man kann nichts mehr auf Standby schalten, selbst im Urlaub.«

Ihr Oberstübchen war beim Verfassen dieser Zeilen ganz offenbar nicht auf Standby, denn dieser Begriff bezeichnet laut dem Cambridge Dictionary »something that is always ready for use«. Also sind wir gerade im Urlaub und im Feierabend heutzutage für den Job immer im Standby-Modus – also auf Abruf –, anders als bei der Arbeit, wo wir »on« sind, und anders als früher, wo wir dann »off« waren und daher alles gut und kein Problem war.

Dagegen dauerhaft abgeschaltet sind Ihre Hardwarespezis von Titanic

 Dumm gelaufen, Kylian Mbappé!

Ihnen wurde ein BMW i7 M70 xDrive »überlassen« (Spiegel), jedoch haben Sie gar keinen Führerschein, haha! Wer soll den geschenkten Gaul nun lenken, rätselte daraufhin die Presse: »Mbappé von Real Madrid: Darum bleibt sein Luxus-Auto in der Garage« (msn.com).

Tja, da kann man nur hoffen, dass von Ihren 72 Millionen Euro Jahresgehalt ein paar Cents übrig bleiben, um einen Chauffeur einzustellen.

Aber bitte vorher alles genau durchrechnen!

Mahnt Titanic

 LOL, Model Anna Ermakova!

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung verrieten Sie Ihre sprachlichen Ambitionen: »Ich möchte unbedingt lernen, Witze auf Deutsch zu machen. Ich will die Leute zum Lachen bringen, ohne dass sie nur über mich lachen«. In Deutschland fühlten Sie inzwischen »eine solche Wärme«.

Der war schon mal gut!

Loben die Witzeprofis von Titanic

 Moin, »Spiegel«!

Bei dem Artikel »Wir gegen uns« wussten wir nach dem Artikelvorspann »Die linksextreme Szene in Deutschland hat einen neuen Gegner: sich selbst« schon, dass da nichts Kluges drinstehen kann. Die Linke sich selbst ein »neuer Gegner«? Da drehen sich aber so einige vor Lachen im Grabe um.

Nicht ganz so geschichtsvergessen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Zero Punkte für den Underdog

Nach meinem Urlaub in Holstein möchte ich an dieser Stelle eine Lanze für die oft zu Unrecht belächelte Ostsee brechen. Jene, so heißt es, sei eigentlich gar kein richtiges Meer und habe ihre unwürdige Existenz bloß einer brackigen XXL-Schmelzwasserpfütze zu verdanken. Wellen und Brandung seien lächerlich, die Strände mickrig und das Leben unter Wasser mit der Artenvielfalt in einem Löschtümpel vergleichbar. Außerdem habe ein Gewässer, in das man vierhundert Meter hineinschwimmen und danach selbst als Siebenjähriger noch bequem stehen könne, das Prädikat »maritim« schlicht nicht verdient. Vorurteile, die ich nur zu gerne mit fantastischen Bildern und spektakulären Videos widerlegen würde. Doch daraus wird dieses Mal nichts. Leider habe ich meine kompletten Küsten-Campingferien aus Versehen im »Freibad am Kleinen Dieksee« verbracht und den Unterschied erst zu spät bemerkt!

Patric Hemgesberg

 Verdrehte Welt

Vermehrt las ich in letzter Zeit, bei Männern werde die Kombination aus langen Haaren und Dreitagebart als besonders attraktiv wahrgenommen. Da bin ich kurz davor wohl doch wieder falsch abgebogen. Dafür bin ich jetzt stolzer Träger eines langen Bartes und Dreitagehaars.

Dennis Boysen

 Schierlingsbücher

Kaum jemand erinnert sich an das allererste selbstgelesene Buch. War es »Wo die wilden Kerle wohnen« oder doch Grimms Märchen? Schade, denke ich mir. Es könnte eine Wegmarke in die wunderbare Welt der Bibliophilie sein. In meiner Erinnerung wabert stattdessen leider nur ein unförmiger Brei aus Pixibüchern. Diesen Fehler möchte ich am Ende meines Leselebens nicht noch einmal machen. Und habe mir das Buch »Essbare Wildpflanzen« bestellt.

Teresa Habild

 Steinzeitmythen

Fred Feuerstein hat nie im Steinbruch gearbeitet, er war Rhetoriker! Er hat vor 10 000 Jahren zum Beispiel den Whataboutism erfunden und zu seiner Losung erhoben: »Ja, aber … aber du!«

Alexander Grupe

 Etwas Heißem auf der Spur

Jedes Mal, wenn ich mir im Hochsommer bei herabgelassenen Rollläden oder aufgespanntem Regenschirm vergegenwärtige, dass das Leben in unseren versiegelten Städten auf entsetzlich wechselhafte Weise öde und klimatisch vollkommen unerträglich geworden ist, frage ich mich unwillkürlich: TUI bono?

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

  • 29.01.:

    Ein Nachruf auf Anna Poth von Christian Y. Schmidt im ND.

  • 13.04.:

    HR2 Kultur über eine TITANIC-Lesung mit Katinka Buddenkotte im Club Voltaire.

Titanic unterwegs
13.09.2024 Stade, Schwedenspeicher Ella Carina Werner
14.09.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Bernd Pfarr: »Knochenzart«
16.09.2024 Wiedensahl, Wilhelm-Busch-Geburtshaus Hilke Raddatz mit Tillmann Prüfer
17.09.2024 Stadthagen, Wilhelm-Busch-Gymnasium Wilhelm-Busch-Preis Hilke Raddatz mit Bernd Eilert