Humorkritik | Oktober 2008
Oktober 2008
Too much …
In komischen Zusammenhängen wird oft bemängelt, daß der Einfallsreichtum nicht ausgereicht habe – das ist Leander Haußmanns neuem Kinofilm »Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe« nicht vorzuwerfen. Schon die Handlung ist mit Motiven schwer überfrachtet: Junger Mann verliebt sich in ältere Frau und verläßt junge Freundin, älterer Mann (sein Vater) verliebt sich in junges Mädchen und verläßt Ehefrau; so weit, so passend. Aber dann: Junge Frau (seine Schwester) liebt andere junge Frau, kriegt jedoch Kind von anderem jungen Mann, ältere Frau (seine Mutter) ist enttäuscht von gleichaltrigem Liebhaber, kehrt postwendend aus Japan mit jüngerem Japaner zurück. Sohn der älteren Frau (farbig) ist gegen die Beziehung (s.o.). Und als ob das noch nicht genug wäre, werden nebenbei folgende Problemkreise angesprochen: Computerspiele (gewaltverniedlichend), Jugend von heute (gewaltbereit), Tibetpolitik (gewaltlos), dazu Computerdating, Fehlgeburt, Vergangenheitsbewältigung usw.
Auch einige Darsteller tun des Gutgemeinten zuviel, und sogar die Musikebenen schaden einander: Durch den Namen des Helden ist Bob Dylan präsent, die Liebe zu einer reifen Frau führt via »The Graduate« zu Simon and Garfunkel, und der ganze Soundtrack ist von Element of Crime, deren deutsche Texte die Handlung meist noch doppeln. Bei Bedarf wird auch noch eine Rossini-Ouvertüre unterlegt. Womit wir bei den eher persönlichen Neigungen (vor allem der, selbst mitzuspielen) und Abneigungen (Dokudramen von Heinrich Breloer, der hier als Regisseur »Friteur« auftritt) des Regisseurs Haußmann wären, der vom Regietheater offenbar die Devise mitgebracht hat: Erlaubt ist, was gefällt – und zwar dem Regisseur. Dem Zuschauer (ich war fast allein im Kino) gefiel das gar nicht.
Zu viele Einfälle sind mindestens genauso schlimm wie zu wenige, zumal wenn kein Stilwille das Gemenge zusammenhält. Dafür ist »Robert Zimmermann« allerdings ein gutes schlechtes Beispiel.