Humorkritik | März 2007

März 2007

Sonniges Philadelphia

Obwohl ich kein allzugroßer Freund der von Film- und Fernsehzeitschriften verbreiteten Unsitte bin, mit Etiketten der Art »Wenn Ihnen dies gefällt, sollten Sie jenes nicht missen« zu hantieren, möchte ich hier eine Ausnahme machen. Denn die strukturellen Parallelen zwischen der Komödienserie »Curb Your Enthusiasm« und »It’s Always Sunny In Philadelphia« (derzeit auf Comedy Central) sind groß genug, um letztere mit dem Verweis auf Larry Davids außerordentliche Sitcom anzupreisen: »Sunny Philadelphia« ist die erste Produktion ähnlicher Machart, die einigermaßen an »Curb« heranzureichen vermag.

Ein Anschein von Authentizität wird durch die enge Anlehnung der Fiktion an das reale Leben der Protagonisten erreicht, unterstrichen durch bewegte Camcorder-Optik. So geht die Sage, daß die drei Hauptdarsteller, Autoren und Produzenten ihr Leben als erfolglose Komiker durch eine gemeinsame Bar finanzierten, bis sie für achtzig Dollar erfolgreich eine Pilotfolge für die Serie drehten, in der das Leben dreier Endzwanziger (und einer Frau) rund um deren Bar erzählt wird. Wobei dies nur der Aufhänger ist: Die anfängliche Konzentration auf die vergeblichen Versuche der Truppe, mit ihrem Pub erfolgreich zu sein, weicht schnell allgemeiner gehaltenen Geschichten, in denen die vier aufgrund ihrer mannigfaltigen Obsessionen, moralischen Insuffizienzien und wiederkehrenden Schwierigkeiten mit den Regeln der politischen Korrektheit sich in immer neue soziale Katastrophen hineinsteigern.

Da sich die Serie aber nicht auf einen Hauptcharakter verläßt, ist es jedes Mal aufs neue spannend, ob einer, mehrere oder letztlich alle auf die Schnauze fliegen. Da sich die Autoren und Hauptdarsteller in Personalunion auch privat lange und gut kennen, wirken die Dialoge ähnlich lebensnah wie die halbimprovisierten Wortwechsel in »Curb«. Selbst dann, wenn sie sich etwa in einen absurden Wettstreit um den Beischlaf mit der Mutter des jeweils anderen verwickeln.

In der zweiten Staffel stößt Hollywood-Veteran Danny DeVito dazu, dessen Charakter zwar etwas aufgezwungen wirkt, der sich aber insgesamt ohne größere Schäden einfügt. Er dürfte sich eher aus kreativem Interesse angeschlossen haben, denn großes Geld kann man mit der kleinen und feinen Kabelproduktion wohl nicht verdienen. Dank DeVitos Prominenz wird es aber wohl für eine DVD-Veröffentlichung der 17 Folgen der ersten beiden Staffeln reichen; und hoffentlich auch für eine dritte Runde.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Du, »Deutsche Welle«,

betiteltest einen Beitrag mit den Worten: »Europäer arbeiten immer weniger – muss das sein?« Nun, wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, ewig und drei Tage überlegt, langjährige Vertraute um Rat gebeten und nach einem durchgearbeiteten Wochenende schließlich die einzig plausible Antwort gefunden. Sie lautet: ja.

Dass Du jetzt bitte nicht zu enttäuscht bist, hoffen die Workaholics auf

Deiner Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

Vermischtes

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Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt